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einflussteAutorAlfredKolleritsch422, vondemletztererAusspruchstammt, führt
alsBeweisdasvon ihmgegründete avantgardistischeBlattmanuskriptean,des-
sen Texte durchaus „verärgerten, demaskierten“ und den Stand der Dinge ent-
larvten,„besseralseinelangeAnalysederpolitischenVerhältnisse“423.
Die imLichteFritzMauthnersundLudwigWittgensteinswirkendensprach-
skeptischenKünstlerInnen treibt dasProblem,das „der alte sinn“ in „denver-
suchen, eine ‚neue‘ sinnhaftigkeit zu mobilisieren“424 überlebt, insgesamt zu
neuenLösungen.BahnbrechendanderHerangehensweisederösterreichischen
Avantgarde ist lautRühm,dass sie „mitundnichtwiedie surrealistenbloss in
der sprache arbeiteten“425. OswaldWiener resümiert in Die Verbesserung von
Mitteleuropa (1969), in dessen Bibliographie Sartres Das Sein und das Nichts
aufscheint: „den surrealisten hat eben die kühnheit gefehlt die sprache wie
einen fetzen zu behandeln“426. Sie hätten, erläutert Paul Kont, „nunmehr die
altenWortfetzen imWidersinne zueinandergefügt“427. Mit ihrenWortentgren-
zungen und der Loslösung des Sprachmaterials von Vernunft undWillen be-
haupteten sie sichals ZerstörerInnender SpracheunddesSinns, gingendabei
allerdingsnieweit genug,meint auchSartre. In seinemDiskussionsbeitragbei
der„Comunitàeuropeadegli scrittori“am6.Oktober 1965 inRomäußerter,die
VertreterInnendes Surrealismuswie des nouveau romandefinierten sichmehr
durch das, was sie ablehnen, als durch das, was sie schaffen, während eine
422 Valérie de Daran: „Traduit de l’allemand (Autriche)“. Étude d’un transfert littéraire.
(Travaux InterdisciplinairesetPlurilingues 14.)Bernetal., S. 350.NebenKolleritschwärenals
weitere SprachkünstlerInnen dieser Generation, die einen (sich literarisch kaumniederschla-
genden) existentialistischen Einfluss kundtun, unter anderem der Jaspers-Experte Heimrad
BäckerundElfriedeGerstl zunennen.
423 A. K.: marginalie, o. S. Pragmatische Gründe für die kurze Form führt Jandl an (Jandl:
Aufgaben, S. 61): „Lyrik, denke ich, ist diebesteArt, heuteLiteratur zumachen; richtig ange-
wandt, erlaubt sie,mehr als jede andreGattung, Schärfe, Präzision, Intensität. Langes Lesen
machtmüde,oderschwammig.“
424 OswaldWiener:einigesüberkonradbayer. In:Weibel (Hg.):diewienergruppe,S.43–49,
hierS.43.Cf. auchWeibelsBemerkungzuWiener (Weibel:diewienergruppe iminternationa-
len kontext, S. 779): „während die anderen konzeptkünstler der sprache alsmöglichkeit der
analyse undkritik noch vertrauten,mißtrautewiener gerade jenemmedium, in demer seine
kritik ausdrückte, der sprache. kritik ander gesellschaft, anderwirklichkeit immediumspra-
che ist deshalb zweifelhaft, weil eben die sprache diese wirklichkeit, diese gesellschaft mit-
konstruierthat.“
425 Rühm:dasphänomen„wienergruppe“,S. 19.
426 OswaldWiener: Die Verbesserung vonMitteleuropa. Hg. undmit einemNachwort von
ThomasEder.SalzburgundWien2013,S.XLIII.
427 Paul Kont: Fragen, vor die sich einNeuer Komponist gestellt sieht. In: Stimmender Ge-
genwart, 1952,S. 148–155,hierS. 155.
6.4 LittératureengagéezwischenSprachskepsisundEngagement 225
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur