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Existentialismus in Österreich - Kultureller Transfer und literarische Resonanz
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DassSartreAlltagsbeispielewählt, liegt insofernaufderHand,alsdieÖffent- lichkeit seinArbeitsplatz ist. Erbleibt, soBeauvoir, denMenschennahe, so lang esgeht („auniveaude la foule:n’importequoi“27), sogarnoch,alsmanvonihm, dem „berühmten Philosophen“, überall in „Cafés und Salons“ spricht und sich laut Sperber auf ihn „in allenDiskussionen“28 beruft. In Frankreich, woweder Durkheim noch Brunschvicg im Café arbeiteten, löst dieser gelebte Angriff auf akademischeRoutinenEmpörungbeiPhilosophie-ProfessorInnenaus,dieSartre fortan als unbedeutend und suspekt („philosophemineur et suspect“29) herab- würdigen, da es ihm an Strenge und Ernst fehle. Sartres ‚Abwege‘ führen vor Augen,dasseinFeld immeraucheinRaumdesMöglichen („unespacedespos- sibles“) ist, dessenAkteurInnen die in ihmwaltendenKräfteverhältnisse, Gren- zenundGesetzeselbst erschaffen,wobei ihreeigeneZugehörigkeit infragesteht: DasFeld ist stets einKampffeld („unchampde luttes“30). Entsprechendberech- tigt erscheintdieAngst vorKapitalverlust beiderüberdieBildungsdiskursewa- chenden universitärenDeutungselite, wie Klaus Große Kracht konstatiert: „[S]o nahmen die Wächter akademischer Gelehrsamkeit nun mit einer Bestürzung wahr, dass Fragen von philosophischer Reichweite inzwischen in Jazzkneipen undverrauchtenCafésdiskutiertwurden.“31Magesnochangehen,dass französi- scheDichterInnen „im Salon und imKaffeehaus“ arbeiten,wird vonDenkerIn- nenmehrWeltabgewandtheit erwartet, gerade inderdeutschsprachigenSphäre, wodiese sich traditionell„imDachstübchen“32 aufhalten.Nach1945 ist dasPhi- losophieren plötzlich nichtmehr ExpertInnen-Angelegenheit, bemerkt derWie- nerKurier, nichtmehrschematischesKategorisieren,nichtmehrGedankenakrobatik,nichtmehrdie Geheimwissenschaft schlecht besuchter Vorlesungen: Philosophieren ist – übertrieben ausgedrückt–das,waswir jetzt alle tun,wennwirnachden JahrendesSchreckensund desSchweigensdieFragenwieder zustellenwagen:Wozugeschiehtdenndaseigentlich alles?WoistderSinn?33 ritédéplaisanteoudeprésentercommeunevéritéuneerreurplaisante“). Sartre:DasSeinund dasNichts,S. 122. (Sartre:L’Êtreet leNéant,S.83.) 27 Beauvoir:LaForcedeschoses,Bd. 1,S.66. 28 Sperber:NureineBrückezwischenGesternundMorgen,S.40. 29 Bourdieu:LeFonctionnementduchampintellectuel,S. 21. 30 Bourdieu:LeFonctionnementduchampintellectuel,S. 11, 7. 31 GroßeKracht: Jean-PaulSartreunddiedeutscheZusammenbruchgesellschaft,S.97. 32 Herbert Eisenreich: Sartres Situationen. Oder: Von der Heilkraft des Irrtums. In: Die Zeit, 05.04.1956. 33 –n:ZweiBücherausÖsterreich. In:WienerKurier, 28.03.1946. 7.1 Wegedes Intellektuellen.SartrezwischendenDisziplinen 237
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Existentialismus in Österreich Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Title
Existentialismus in Österreich
Subtitle
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
Author
Juliane Werner
Publisher
De Gruyter Open Ltd
Date
2021
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-11-068306-6
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
378
Category
Kunst und Kultur
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