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([…] est à la fois philosophie et littérature, non pas juxtaposées, mais chaque élément
donnéest à la fois littéraireetphilosophique,aussibiendans les romansquedans la cri-
tique. Si, il y a eu deuxœuvres de philosophie pure: L’Etre et le Néant et Critique de la
raisondialectique,maisc’estunpeuendehorsdeceque j’aimefaire.)50
Innerhalb seines philosophie littéraire und littérature philosophique verbin-
denden Gesamtwerks werden Sartres fiktionale Texte häufig als angewandte
Beispiele seiner Philosopheme gelesen: Auf diese Art spiegeln sich die frühen
phänomenologischen Schriften im phänomenologischen Roman La Nausée,51
die TrilogieChemins de la libertéwird zum „practical companion“52 von L’Être
et le Néant, dessen Ausführungen zur existentiellen Psychoanalyse wiederum
derBaudelaire-Essayerprobt, sowie sich inderFlaubert-StudieL’Idiotde la fa-
milleausden frühensiebziger JahrendeutlicheSpurenderCritiquede la raison
dialectique (1960) finden.EinebesondereSymbiose siehtBourdieu indensoge-
nannten ThesenstückenHuis clos und Le Diable et le Bon Dieu, die durch die
DramatisierungundPopularisierung philosophischer ThemenEingang sowohl
in die bürgerliche Konversation als auch in den Philosophieunterricht finden
könnten. („En dramatisant et en vulgarisant des thèmes philosophiques, les
piècesà thèse,Huis closouLeDiable et leBonDieu, lesprédisposentàentrer à
la foisdans laconversationbourgeoiseetdans lescoursdephilosophie.“53)
DiesePrädisposition–die sichebenso inCamus’Werkbeobachten lässt–
realisiert sich indenakademischenPhilosophiekursen inÖsterreichkaum,da
man, statt Vulgarisierungen philosophischer Themen gutzuheißen, die Au-
torInnen lieber ganz ins literarischeFeld schiebenmöchte. JohannFischl von
der Universität Graz ist 1954 überzeugt, dass Sartre seine Philosophie „weit-
aus wirksamer in ausgezeichneten Romanen, Dramen, Essays und Kritiken“
unterbringt als in seinen philosophischen Schriften, die „an eigentlicher
Schöpferkraft“hinter denVorgängernHegel,Husserl,Heidegger, Jaspersund
Kierkegaard zurückblieben, während Sartre die Genannten sehr wohl „an
dichterischerBegabung“54überrage. Selbstverständlich sei SartresPlatznicht
inderPhilosophie, tut 1950Heidegger ineinemGeistigesFrankreich-Interview
kund, schließlich ziehe er es vor, „als Dramatiker und Literat zu arbeiten. Er
versucht, die menschlichen Ereignisse vor allem direkt zu beeinflussen.“55
50 SartreundSicard:Entretien,S. 29 (Hervorhebung imOriginal).
51 Cf.ContatundRybalka:LaNausée–Notice,S. 1664.
52 Baert:TheExistentialistMoment,S.92.
53 Bourdieu:LesRèglesde l’art,S.345.
54 Fischl: Idealismus,RealismusundExistentialismusderGegenwart,S. 300.
55 MartinHeidegger. In:o.V.:GesprächmitHeidegger. In:GeistigesFrankreich, 13.11.1950.
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Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur