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PCF26,1%derStimmen,verglichenmit 5,4%fĂĽrdienicht indenKernschichten
derWiener ArbeiterInnenschaft verankerte KPÖbei den österreichischenNatio-
nalratswahlen imSeptember 1945),97 bevorzugt das geographisch zwischenden
FrontengelegeneĂ–sterreichklardenWesten,soRathkolb:
Nach dem Zweiten Weltkrieg war die Abgrenzung vom kommunistischen System der
Nachbarstaaten fĂĽrĂ–sterreich einwesentliches Element, denGlaubenandieKleinstaat-
lichkeit zu stärken.GeschicktwurdedasArgument einer angeblichen ständigenkommu-
nistischenBedrohungvoninnenundauĂźenvorallemgegenĂĽberdenUSAausgespielt.98
AusamerikanischerSicht amstärkstenvomKommunismusbedroht, erhält das
LandhoheMarshallplan-Zuwendungen.99Eszählt, ganzdievonHebbelbesun-
genekleineWelt, inderdiegroße ihreProbehält, zudenfürdaskomplexeVer-
handlungsgeschehen zwischen den Blöcken wichtigsten Staaten. Zum
Zeitpunkt,alsderVölkerkongresszumSchauplatzdeskulturellenKaltenKriegs
wird,herrscht, obwohldieTruppenstärkederSowjetbesatzungdiederanderen
Armeenübersteigt, eineweitgehendeMarginalisierungderKPÖund„einepoli-
tische und gesellschaftliche Isolation“ der kommunistischen Intellektuellen
vor, derendemokratischeAnliegenKroll zufolge „schnell als Camouflage einer
diktatorischenBewegung“100gelten.DieseSituationerklärt,warumeineunrea-
listischhoheZahl anUnterschriften zugunstendesVölkerkongresses imNatio-
nalrat, wo die Veranstaltung ohnedies ein „besonderes Kapitel“ darstellt, am
20. November 1952 zu einer tumultuösen Debatte führt: Innenminister Oskar
Helmer (SPĂ–)meint, dieUnterschriftenmĂĽssten vondenKommunistInnen er-
listet oder erzwungenworden sein, was „energischen Protest“ verlange, wäh-
rend der Abgeordnete Ernst Fischer (KPĂ–) beanstandet, dass die fĂĽr den
Frieden einstehenden Intellektuellen, ProfessorInnen und KĂĽnstlerInnen Dro-
hungen seitens der Regierungsparteien ausgesetzt seien.101 In der Tat konnten
nicht-kommunistische Prominente, die sich von der österreichischen Sektion
97 DieKPĂ–bildet zusammenmitderĂ–VPundderSPĂ–ab27.04.1945dieprovisorischeRegie-
rung unter Kanzler Karl Renner. Die Dreiparteienregierung bleibt auch unter Leopold Figl
nachden1.Wahlen imNovember1945bestehen, imJahr1947wirddieKPĂ–Oppositionspartei.
98 OliverRathkolb:DieparadoxeRepublik.Ă–sterreich1945bis2005.Wien2005,S.31.
99 Cf. Günter Bischof: Austria in the First ColdWar, 1945–1955. The Leverage of theWeak.
Basingstoke 1999, S. 102. Cf. zumdiesbezĂĽglichen Sonderstatus Ă–sterreichs auchMaximilian
Graf undAgnesMeisinger (Hg.):Ă–sterreich imKaltenKrieg.NeueForschungen im internatio-
nalenKontext. (Zeitgeschichte imKontext11.)Göttingen2016.
100 Kroll:Kommunistische Intellektuelle inWesteuropa,S.312,637.
101 Cf.NationalratderRepublikĂ–sterreich: 103.SitzungdesNationalratesderRepublikĂ–ster-
reich – VI. Gesetzgebungsperiode – 20.11.1952, S. 4130, 4138. www.parlament.gv.at (einges.
09.01.2019). 8.2WendepunktWien:SchmutzigeHände 285
Existentialismus in Ă–sterreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Ă–sterreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur