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konkret, obnur derUntergrundkampf in der Résistance zulässig sei oder auch
die Zusammenarbeit mit kollaborierenden Verlagen und Theatern, um einem
größerenPublikumverdeckteWiderstandsbotschaftenzuvermitteln; cf.Kap.3.2).
Hoederer legtHugos orthodoxenMarxismus als unaufrichtig bloß, er liebe nicht
dieeigentlichenMenschen,sondernnurPrinzipien(„[t]un’aimespas leshommes.
Tu n’aimes que les principes“117). Der Konflikt der von Selbstzweifeln geplagten
FigurHugo liegt darin, immer ein Intellektueller zu sein, der nichtmit seinen
Händenarbeitet („un intellectuel, un typequine travaille pasde sesmains“118).
Bei seiner Wandlung vomWort- zum Tatmenschen erfährt er jedoch „die
Unmöglichkeit, impolitischenEngagement innereReinheit zubewahren“119 be-
ziehungsweise saubere Hände. Hugos Bereitschaft, innerhalb seiner Partei mit
einem Auftragsmord zum direkten Handeln („action directe“120) überzugehen,
fällt schließlichderParteichefHoedererzumOpfer.
Insbesondere durch die Thematisierung des politischen Mordes, gesehen
als eine Konstante bei denKämpfen innerhalb der P. C. („une constante de la
lutte à l’intérieurduP.C.“121),wirddasStückals anti-kommunistischaufgefasst,
glaubtSartre.Beauvoirergänzt,dasStückerscheineantikommunistisch,weildie
ÖffentlichkeitHugorechtgebe;derMordanHoedererwerdemitdenderKomin-
formzugeschriebenenVerbrechenverglichen („[l]apièce sortait anticommuniste
parce que le public donnait raison à Hugo. On assimila lemeurtre d’Hoederer
aux crimesqu’on imputait auKominform“122). Sartre selbstweistHoederer 1964
rückblickendalspositivenHeldenaus,mitdemersich identifizierenkönne,das
Stück sei,wennüberhaupt, einWegbegleiter-Werk („uneœuvrede ‚compagnon
117 Jean-PaulSartre:LesMains sales. In:Sartre:Théâtrecomplet, S. 245–354,hierS. 332.Dies
ist zugleichdasEchoeinerSzeneausLaNausée, inderderHeldRoquentinseinemBekannten,
dem sogenannten Autodidakten, dessen abstrakten Humanismus vorhält. Der Autodidakt
liebedieMenschennichtwirklich: „‚Das sindnurSymbole fürSie. Sie lassen sichkeineswegs
von ihnen rühren; Sie lassen sich von der Jugend desMenschen rühren, von der Liebe von
MannundFrau, vondermenschlichen Stimme.‘“ („Cene sont que des symboles, pour vous.
Ce n’est pas du tout sur eux que vous êtes en train de vous attendrir; vous vous attendrissez
sur la Jeunessede l’Homme, sur l’Amourde l’Hommeetde laFemme, sur laVoixhumaine.“)
Sartre:DerEkel,S. 137. (Sartre:LaNausée,S. 170.)
118 Sartre:LesMainssales,S.332.
119 Améry: IndieWeltgeworfen,S. 197.Cf. Jean-PaulSartre:EntretienavecGuyDornand. In:
Sartre:Théâtrecomplet,S. 363. [Zuerst in:Franc-Tireur, 25.03.1948.]
120 Sartre:LesMainssales,S. 262.
121 Jean-PaulSartre: EntretienavecPaoloCaruso. In: Sartre: Théâtre complet, S. 367. [Zuerst:
Postfaceà l’édition italienne„Lemanisporche“, 1964.]
122 Beauvoir:LaForcedeschoses,Bd. 1,S. 212.
8.2WendepunktWien:SchmutzigeHände 289
Existentialismus in Österreich
Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Title
- Existentialismus in Österreich
- Subtitle
- Kultureller Transfer und literarische Resonanz
- Author
- Juliane Werner
- Publisher
- De Gruyter Open Ltd
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-11-068306-6
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 378
- Category
- Kunst und Kultur