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Einleitung 11
und Ungarn und alleiniger Herr der habsburgischen Erblande, wie es in den
Brüsseler Teilungsverträgen zwischen Karl und Ferdinand fixiert worden war,
seit der Mitte der zwanziger Jahre des 16. Jahrhunderts eine beachtliche Potenz
im europäischen Kräftespiel darstellte und zweifellos auf der politischen Bühne
des Reiches zu den Hauptpersonen gehörte. In den verschiedenen Gesamtdar-
stellungen der Geschichte Österreichs wird begreiflicherweise fast nur Ferdi-
nands landesherrliche Politik behandelt9. Der zuerst von Hermann I. Bider-
mann vorgetrage Ansatz, Ferdinand I. als den Vater und Wegbereiter der öster-
reichischen „Gesamtstaatsidee“ hervorzuheben, ist gelegentlich wieder aufge-
griffen worden, hat aber durch die politische Entwicklung im 20. Jahrhundert
anscheinend an Attraktivität verloren10. Die Anfang des Jahrhunderts begonne-
ne Edition der Familienkorrespondenz Ferdinands vermochte, obwohl der erste
Bearbeiter, Wilhelm Bauer, parallel dazu eine wegweisende Studie über die
Anfänge Ferdinands vorlegte, keinen Aufschwung zu bewirken, denn das Un-
ternehmen war vom Glück keineswegs begünstigt, sind doch bis heute erst drei
Bände erschienen, deren letzter bis zum Ende des Jahres 1532 reicht11. Für die
größere Hälfte der politischen Wirksamkeit Ferdinands stehen sie also noch
aus. Diese Tatsache ist als gewichtiger Grund dafür anzusehen, daß bis an die
Schwelle der achtziger Jahre unseres Jahrhunderts kein großangelegter Versuch
mehr unternommen worden ist, dem Leben und der Leistung Ferdinands I. eine
Gesamtdarstellung zu widmen.
Wenn hier nun Studien zur Politik Ferdinands I. als Kaiser vorgelegt werden,
so ist die Beschränkung aus der Erkenntnis vorgenommen worden, daß es zu
dem Zeitpunkt, als der Plan zur Beschäftigung mit Ferdinand gefaßt wurde, für
eine Biographie immer noch zu früh war, weil die Forschung trotz gewichtiger
Beiträge zu einzelnen Fragen, die bis dahin erschienen waren (und seither hin-
zugekommen sind), noch nicht genug vorgearbeitet hatte. Die Entscheidung,
die letzte Phase des politischen Lebens Ferdinands I. als Gegenstand der eige-
nen Arbeit zu wählen, wurde seinerzeit nach eingehenden Beratungen mit Fritz
Dickmann und Heinrich Lutz getroffen; vor allem letzterer hat – mit vollem
Recht – darauf hingewiesen, daß mehrere Abschnitte der politischen Laufbahn
des Habsburgers noch gründlicher Untersuchung bedürften, ehe eine Gesamt-
darstellung, eine Biographie, Aussicht auf Erfolg haben könne.
Die beiden inzwischen vorgelegten biographischen Versuche bestätigen die
Richtigkeit dieser Prognose. Paula Sutter Fichtner12 hat Ferdinands Politik als
allein vom dynastischen Grundmotiv bestimmt gedeutet: Wahrnehmung der
Interessen der Familie, der Stellung des Hauses Habsburg. Indessen erweist sich
ihr Ansatz insgesamt als unzureichend, und das gilt besonders für die Kaiserjah-
re Ferdinands. Sein Bemühen um die Wahrung von Frieden und Recht im
Reich, seine Sorge um den Frieden zwischen den europäischen Mächten als eine
9 So in den Werken von A. Huber, Uhlirz und Hantsch.
10 Bidermann 1, S. 1ff; Wiederaufnahme in einigen Arbeiten von Loserth; Andeutungen bei Sutter,
S. 61*f
11 Nach Abschluß der Arbeit ist der vierte Band erschienen, der die Jahre 1533 und 1534 erfaßt.
12 Ferdinand I. of Austria: The Politics of Dynasticism in the Age of the Reformation. New York
1982
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien