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Einleitung12
Voraussetzung für die Wiederherstellung der Glaubenseinheit, sein Drängen
auf eine Reform der Kirche um dieser Wiedervereinigung willen sind in ihrer
Darstellung nur oberflächlich berührt13. Das für ein breiteres Publikum ge-
schriebene Buch von Tibor Simányi14 kann ebenfalls nicht als befriedigende
Lösung der Aufgabe angesehen werden; das letzte Kapitel heißt zwar „Der
Kaiser“, doch ist Ferdinand darin wenig mehr als eine Randfigur, und von sei-
ner Politik in diesen Jahren erfährt man fast nichts.
Informativer sind einige sich als Zusammenfassungen des Forschungsstandes
präsentierende Skizzen. Bertold Sutter hat dem von ihm veranlaßten fotome-
chanischen Neudruck des Werkes von Bucholtz eine längere Würdigung vor-
angestellt, in der ein Überblick über das ganze Leben Ferdinands I. versucht
wird; den Kaiserjahren Ferdinands konnte nur ein kleiner Abschnitt gewidmet
werden, in dem der Streit mit dem Papst, Ferdinands Haltung zur dritten Peri-
ode des Tridentinums und die Sicherung der Nachfolge Maximilians angespro-
chen werden15. Günther Stökl berücksichtigte in seinem schon vorher publi-
zierten Medaillon vor allem die persönlichen und politischen Prämissen der
Regierungstätigkeit Ferdinands und seine Bedeutung für den Habsburger-
Staat16; auf die Kaiserpolitik ging er nicht ein. Der Essay von Bernhard Sicken
zieht wichtige Kontinuitätslinien von den dreißiger und vierziger Jahren, in
denen Ferdinand allmählich zu einem gewichtigen politischen Partner Karls V.
in der Reichspolitik heranwuchs, über die frühen fünfziger Jahre, dabei mit
Recht die bessere Einsicht betonend, die Ferdinand in die politischen Verhält-
nisse des Reichs gewonnen hatte, bis zur Politik Ferdinands als Kaiser. Als
wichtigste Leistungen hält Sicken fest, Ferdinand habe den Vorrang der öster-
reichischen Habsburger vor der spanischen Linie erhalten, Ansehen und Besitz
der Dynastie bedeutend vermehrt und dem Reich durch ein ausbalanciertes
„konfessions- und machtpolitisches Gleichgewicht“ „langfristig den Zusam-
menhalt“ gesichert17.
Die Entscheidung für die Kaiserjahre Ferdinands erschien sinnvoll, weil da-
mit an die von Lutz geleistete Analyse der letzten Jahre Karls V. angeknüpft
werden konnte. Als leitende Frage stellte sich, wie Ferdinand, der das Ringen
Karls V. um die Realisierung seiner Kaiseridee über 30 Jahre lang begleitet hat,
seine Aufgabe als Kaiser begriff, seine Möglichkeiten einschätzte und seine
Politik als Kaiser einrichtete. Dabei ist zu beachten, daß er über eine zwar an-
sehnliche, aber doch schmalere Machtbasis als Karl verfügte, da nicht nur Spa-
nien mit seinen Nebenbesitzungen in Unteritalien und den neuen überseeischen
Bereichen, sondern auch die vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht gewichtigen
Niederlande Karls einzigem Sohn Philipp als Erbe zufielen. Wenn Ferdinand
als Folge des „Rückzuges“ Karls V. aus der Politik seit 1555 „Herr seiner Ent-
schlüsse“ war, so ist zu fragen, ob in seiner Politik die Akzente nunmehr anders
gesetzt wurden, ob sich neue Ziele zeigten und, falls ja, wie sie in seine Politik
13 Vgl. dazu meine Besprechung in MÖStA 36, 1983, S. 409–416
14 Er schuf das Reich. Ferdinand von Habsburg. Wien, München 1987
15 Sutter, S. 153*–157*
16 Stökl, passim
17 Sicken, Ferdinand I., S. 76f.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien