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Einleitung 15
Ausgeklammert wurde die Politik Ferdinands als Landesherr Österreichs, so
wichtig und reizvoll es sein dürfte zu untersuchen, welche Folgen die Über-
nahme des Kaisertums für seine Politik in den Erblanden gehabt hat. Das muß
jedoch im Zusammenhang und unter Berücksichtigung der bei den nachgeord-
neten Behörden der österreichischen Territorien angefallenen Akten untersucht
werden, eine Arbeit, die nur von in Österreich ansässigen Historikern geleistet
werden kann. Nur auf dieser Basis könnte die schon erwähnte Frage, wie weit
Ferdinand als Förderer einer österreichischen Gesamtstaatsidee anzusehen ist,
weiter verfolgt werden. Wenn ferner das Problem der finanziellen Fundierung
der Politik Ferdinands nicht berücksichtigt worden ist, so gewiß nicht, weil die
Wichtigkeit dieses Aspekts verkannt wäre, sondern weil er eine eigene Arbeit
erfordert28.
Mit der Konzentrierung auf die Politik Ferdinands als Kaiser dominieren die
Fragen der Reichs- und Religionspolitik, und der Zugriff ist ein politikhistori-
scher, teilweise auch diplomatiegeschichtlicher.
Für die Reichspolitik Ferdinands bieten sich die drei Reichstage als Brenn-
punkte an, in denen viele Probleme gebündelt werden, obwohl er nur den
Augsburger Reichstag von 1559 in eigenem Namen einberufen und durchge-
führt hat. Jedoch werden auf diese Weise nicht alle Fragen erfaßt, zumal Ferdi-
nand in den letzten vier Jahren seines Kaisertums keinen Reichstag mehr gehal-
ten hat. So wird die Politik der Friedenswahrung im Reich in einem eigenen
Kapitel behandelt, in einem anderen die Sicherung der Nachfolge im Reich. Die
Übernahme der Kaiserwürde und der daraus entstandene Streit mit Papst Paul
IV. müssen erörtert werden, weil in diesem Zusammenhang in seiner Umge-
bung intensiv über Aspekte der kaiserlichen Stellung reflektiert worden ist, was
für die Kaiservorstellung Ferdinands oder – mit einem modernen Ausdruck –
für sein politisches Selbstbewußtsein von großer Bedeutung ist. Die Religi-
onspolitik Ferdinands mündet nach dem Wechsel auf dem päpstlichen Stuhl
1559/60 ein in die Konzilspolitik, die in den letzten vier Jahren der Regierungs-
zeit Ferdinands ein Schwerpunkt seiner politischen Arbeit gewesen ist, um das
von ihm beharrlich festgehaltene Ziel, die Glaubenseinheit in der Christenheit
wiederherzustellen, doch noch zu erreichen. Da das Konzil alle europäischen
Mächte betraf, berührt dieses Thema auch die Frage nach Ferdinands Stellung
im „internationalen“ Kräftespiel. In einem eigenen Kapitel zur „Außenpolitik“
werden seine Beziehungen zu anderen europäischen Mächten behandelt, soweit
sie das Reich tangierten, auch dann, wenn sie primär Probleme waren, die aus
seinen Erblanden erwuchsen wie vor allem die Türkenabwehr.
Der Aufbau der Arbeit ist daher nicht streng chronologisch; die Betrachtung
der genannten Probleme in eigenen Kapiteln hat Sprünge und Überschneidun-
gen zur Folge, die bewußt in Kauf genommen worden sind.
Wie bei der Religions- und Konzilspolitik ergab sich auch bei etlichen ande-
ren Problemen die Notwendigkeit, bestimmte Linien in der Politik Ferdinands
28 Vorarbeiten leistete Huber, Studien. Der letzte Band der Annalen von Pölnitz und Kellenbenz
zum Leben Anton Fuggers enthält dazu etliche Hinweise, die erkennen lassen, daß dazu eine
Fülle anderer Archivbestände ausgewertet werden müßte.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien