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KAPITEL 1
FERDINAND UND DER AUGSBURGER RELIGIONS-
FRIEDEN
Zur Vorgeschichte des Augsburger Reichstages
Die Vorbereitung und Durchführung des im Passauer Vertrag der protestanti-
schen Fürstenopposition versprochenen Reichstages war etliche Jahre ein zen-
trales Thema zwischen Kaiser Karl V. und König Ferdinand. Wenn man nach
den längerfristigen Konzeptionen des Römischen Königs, seinen politischen
Prioritäten und Unverzichtbarkeiten fragt, die in seine Kaiserjahre hineinge-
wirkt haben, bedarf es einer seine Position besonders akzentuierenden Untersu-
chung der Erörterungen zwischen den beiden Brüdern über den Zweck des
Reichstages. An den Ergebnissen war Ferdinand gewissermaßen in dreifacher
Hinsicht interessiert: Erstens als Landesherr der österreichischen Erblande,
deren Stände ihn seit geraumer Zeit mit Forderungen nach religiösen Zuge-
ständnissen als Gegenleistung für die immer wieder beanspruchte Unterstüt-
zung bei der Abwehr von türkischen Angriffen bedrängten. Zweitens als Stell-
vertreter Kaiser Karls V., dessen Position er in den zur Debatte stehenden Fra-
gen so weit wie möglich zu verteidigen hatte. Und drittens als seit langem für
die Nachfolge im Kaisertum Erkorener, der dieses Amt wahrscheinlich in Bälde
anzutreten haben würde. Letzteres aber bedeutete: Ferdinand hatte hier an
reichspolitischen, insbesondere reichsrechtlichen Entscheidungen mitzuwirken,
die er nolens-volens nach dem Abtreten des Bruders von der politischen Bühne
als Grundlage oder Ausgangspunkt seiner eigenen künftigen Reichspolitik be-
trachten mußte. Wie offen er die Zukunftsmöglichkeiten für eine wirksame
Kaiserpolitik im Reich halten konnte, wo er das Kaisertum binden mußte, das
würde ihn – wie ihm zweifellos bewußt war – alsbald unmittelbar betreffen1.
Das bisher überwiegende Interesse der Forschung galt jenen Kräften, die sich
im Abschied des Reichstages durchgesetzt haben. Eine wesentliche Bereiche-
rung und Ergänzung leistete Heinrich Lutz, der aufgrund des von ihm erstmals
ausgewerteten Protokolls des kaiserlichen Reichstagskommissars Hornung
besonders das starke Engagement des Königs in der Schlußphase des Reichstags
neu beleuchtet hat2. Hingegen sind die ersten Verhandlungsrunden des Reichs-
tags noch nicht systematisch nach der Einflußnahme Ferdinands auf Gang und
Ergebnisse der Beratungen untersucht worden. In erster Linie sind hier die
Aktivitäten der Vertreter Österreichs im Fürstenrat zu beachten. Da bei Diffe-
renzen zwischen Fürstenrat und Kurfürstenrat der erstere fast immer nachgab,
sind die Beratungen dieses Gremiums für die Ergebnisse des Reichstags nur
wenig ins Gewicht gefallen. Das mag der Grund sein, warum die österreichische
1 Vgl. nur die Bemerkung Schwendis: „lestat des affaires tombera sur vt. Mte tell, comme nous le
laisserons...“ (an F., 3.12.1553, in HHStA Wien, RK Berichte aus dem Reich 6d, fol 170r).
2 Lutz, Christianitas, bes. S. 423ff
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien