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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden32
schlüssen gemäß verhalten solle, war eine bare Selbstverständlichkeit; freilich
war ein anderer Ausdruck als das vage „hinfuro“ kaum möglich, da ja jegliche
„tätliche Bedrückung“ bestritten werden sollte. Den Intentionen des Kaisers
kam diese Unbestimmtheit jedoch entgegen. Wie er die Angebote der Linzer
Resolution interpretierte, hatte er dem Bruder parallel zu seiner Billigung in
einem separaten Schreiben erläutert10: Es sei nicht seine Absicht, sich in der
Religionssache zu binden oder zu verhandeln; fĂĽr ihn komme nur ein Konzil in
Frage, das den früheren Reichsabschieden entspreche – also ein Generalkonzil –,
und die BeschlĂĽsse des kĂĽnftigen Reichstags bedĂĽrften ja der Zustimmung von
Kaiser, König und Ständen – dort konnte also nichts gegen seinen Willen zu-
stande kommen! Trotz des neuerlichen Mißerfolgs des Tridentinums – Karl
hatte Ende März seinen Konzilsbotschaftern die Anweisung erteilt, die Suspen-
sion zu verlangen11 – stand für den Kaiser die Grundsatzentscheidung, daß der
Weg zur Glaubenseinheit ĂĽber das allgemeine Konzil fĂĽhren mĂĽsse, nicht zur
Disposition, und er war überzeugt, kraft seiner kaiserlichen Autorität den
Reichstag entsprechend lenken zu können bzw. abweichende Beschlüsse zu
verhindern12. Auf die unpräzisen Aussagen über die Dauer des Gewaltverzich-
tes ging er nicht ein; anscheinend sah er darin keine Festlegung oder gar eine
Einschränkung seiner ständigen Hoffnung auf einen Umschlag der Verhältnis-
se, der ihm eine Züchtigung der Häretiker doch noch ermöglichen würde13.
Insofern hat die Linzer Resolution fĂĽr Karl de facto keine Konzession in der
Religionsfrage beinhaltet. Wie sehr sie seiner Position entsprach, zeigt sein Ver-
halten in den nachfolgenden Verhandlungsrunden. Ăśber die Linzer Formel
wollte er nicht mehr hinausgehen und setzte den Änderungen bzw. Präzisie-
rungen, auf die Ferdinand in Passau einging, erbitterten Widerstand entgegen.
Ferdinand hingegen erachtete von Anfang an die beiden Maximen Karls, der
einerseits die Verhandlungen nicht an der Religionsfrage scheitern lassen und
dennoch andererseits darin keine Zugeständnisse machen wollte, als nicht mit-
einander vereinbar. Seine abweichende Auffassung wird schon in seiner Reakti-
on auf Karls Richtlinien deutlich, als er, allerdings vergeblich, um genauere
Angaben nachsuchte, welche Konzessionen etwa in der Religionsfrage vertret-
bar wären14. Konsequent hat er die Herbeiführung einer Einigung als den wei-
tergehenden Auftrag aufgefaĂźt und alle Abweichungen von Karls Position da-
mit gerechtfertigt. Das zeigt deutlich seine Argumentation, mit der er Karl um
die uneingeschränkte Billigung der Linzer Resolution, vor allem in den Ausfüh-
rungen zum Religionsproblem ersuchte: Die Erklärung sei so konzipiert, daß
im Falle ihrer Ablehnung durch die Rebellen der Kaiser bei den neutralen Stän-
den gerechtfertigt dastĂĽnde; sie wĂĽrden sich aber zweifellos den Gegnern an-
schließen, wenn er sich nicht in der vorgeschlagenen Weise erkläre; bei Karl
10 Karl an F., 25.4.1552, bei Lanz, Corr. 3, S. 185
11 Jedin, Konzil 3, S. 387
12 Vgl. seine Kritik v. 30.6.1552 an den Passauer Abmachungen (Lanz, Corr. 3, S. 320 sowie das
Schreiben des Bischofs von Arras an den Reichsvizekanzler Seld v. 7.6.1552 (ebda, S. 249).
13 wie Anm. 8; ähnlich schon im Schreiben v. 11.3.1552 (Druffel 2, S. 231); auch seine Räte wußten
davon, vgl. die Briefe von Seld und Rye an den Kaiser bei Lanz, Corr. 3, S. 265 u. S. 309.
14 Lanz, Corr. 3, S. 117ff, bes. S. 123, u. Druffel 2, S. 244; vgl. dazu Bonwetsch, S. 41
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂĽnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien