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Zur Vorgeschichte des Augsburger Reichstages 37
hat sich – nun wieder in der Rolle des Unterhändlers bzw. Vertragspartners –
loyal um die Annahme der veränderten Fassung gekümmert und sie von Moritz
erreicht, obwohl man in Dresden die hinter den Verschlechterungen verborge-
nen Intentionen des Kaisers klar erkannt hat37. Wir brauchen die Auseinander-
setzungen um die endgĂĽltige Ratifizierung hier nicht weiter zu verfolgen, denn
neue Gesichtspunkte sind dabei nicht mehr aufgetaucht.
Im März 1553 begannen wieder Erörterungen zwischen Ferdinand und Karl
ĂĽber den im Passauer Vertrag in Aussicht genommenen Reichstag, als Ferdi-
nand dem Bruder durch seinen engen Vertrauten GĂşzman eine Analyse der
politischen Situation des Reiches vortragen lieĂź, die zugleich ein Programm fĂĽr
die kaiserliche Politik enthielt, wie sie Ferdinand fĂĽr richtig, angemessen und
zugleich seinen eigenen Bedürfnissen förderlich erachtete38. Sein Ziel war, den
Kaiser von der Notwendigkeit verstärkten Engagements im Reich zu überzeu-
gen und die habsburgische Politik besser aufeinander abzustimmen. Nach-
drücklich stellte der König seine Überlegungen unter den Leitgedanken der
Beschirmung der Christenheit gegen ihre innere und äußere Bedrohung, be-
grĂĽndete mit dem AusmaĂź jener Gefahren und mit seiner besonderen Ver-
pflichtung als Römischer König gegenüber Christenheit, Kaiser, Reich und
Untertanen die Berechtigung und Notwendigkeit seiner Initiative, dem Kaiser
unaufgefordert Ratschläge zur Meisterung seiner Aufgaben vorzulegen39, und
konzentrierte sich auf die beiden Bereiche: Wiederherstellung und Sicherung
des Friedens in Deutschland und Verteidigung gegen die TĂĽrken. Sein Pro-
gramm umfaĂźte unter Betonung der Verflochtenheit der Probleme die Beile-
gung der temporären Konflikte zwischen verschiedenen Reichsständen, die
Stärkung der kaiserlichen und königlichen Position im Reich, ferner – und da-
für mahnte er den Reichstag an – die Lösung der Religionsfrage und eine von
Reichskräften getragene Aktion gegen die Türken an der ungarischen Grenze.
Als primär dringlich bezeichnete Ferdinand das schlichtende Eingreifen
Karls kraft kaiserlicher Autorität in die schwelenden Streitigkeiten zwischen
dem Markgrafen Albrecht Alkibiades von Brandenburg-Kulmbach und den
fränkischen Bischöfen sowie die zwischen den beiden sächsischen Linien, damit
die gefährlichsten Unruheherde ausgelöscht würden. Noch wichtiger war ihm
aber wohl, daß Karl sich zur Förderung der beiden Projekte für Landfriedens-
bünde im Reich entschlösse. Ferdinand, der sowohl einem neuen „schwäbi-
schen Bund“ für Oberdeutschland als auch einem von Moritz von Sachsen für
den ostmitteldeutschen Raum angeregten Bund mit einigen seiner Erblande
beitreten wollte, erhoffte sich davon eine dauerhafte Befriedung Deutschlands,
zumal er den Kaiser an der Spitze beider BĂĽnde sehen wollte, um sie dadurch
miteinander zu verklammern40. Die „Pazifikation“ des Reiches betrachtete er
37 Vgl. dazu das sächsische Memorandum bei Bonwetsch, S. 209ff, insbesondere die Zusätze Mor-
deisens (S. 214–216); ferner Druffel 2, S. 677; Barge, S. 136f.
38 Instruktion fĂĽr GĂşzman v. 3.3.1553 (Lanz, Corr.3, S. 549ff); vgl. Lutz, Christianitas, S. 190ff;
Bundschuh, S. 42
39 Lanz, Corr.3, S. 550
40 Ăśber dieses Projekt hatte Ferdinand Karl schon frĂĽher unterrichtet, in der Instruktion wird es
daher nur kurz in Erinnerung gebracht. Näheres dazu in Kapitel 8, S. 521
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂĽnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien