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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden58
trauen im Reich nur größer geworden sei, lehnten sie einen Grundgedanken der
Proposition ab; zugleich signalisierten sie Unnachgiebigkeit durch Betonung
der in Passau gegebenen Zusage, in Religionsfragen dürfe keine Majorisierung
erfolgen, und durch die Bekräftigung, die Augsburger Konfession enthalte nur
christliche Glaubenswahrheiten und habe mit Sekten und Ketzerei nichts zu
tun; eine besonders empfindliche Stelle Ferdinands berührten sie mit dem Hin-
weis, wenn dieser Friede jetzt nicht zustande käme, würde das zur Folge haben,
„daß der Türck seinen willen schaffen und das Teutsch thewer Christlich Blut
mit seiner wütenden Tyranney, in erbärmliche Bande, Joch und Dienstbarkeit
bringen möchte“146.
Die Zasius-Initiative
Die Beratungen über den Religionsfrieden kamen in Gang, als am 18. März der
Fürstenrat seinen eigentlich für die Erörterung des Landfriedens gebildeten
Ausschuß beauftragte, „erstlichen den friedstandt in der Religion“ in Angriff zu
nehmen147. Durch Vorlage eines eigenen Papiers ergriffen Ferdinands Räte am
19. März in diesem Ausschuß sofort die Initiative. Der in Wien erhaltene Ent-
wurf des Zasius148 erlaubt in Verbindung mit den aus Brandis Kollation er-
sichtlichen Übernahmen oder Abweichungen von älteren Vorlagen sowie der
Änderungsvorschläge während der Verhandlungen Einblick in das, was Ferdi-
nand in dieser frühen Phase für regelungsbedürftig, akzeptabel oder unaufgeb-
bar gehalten hat149. Zasius behauptete zwar, er habe diesen Vorschlag erst am
Abend zuvor gemeinsam mit dem bayerischen Rat Dr. Wiguleus Hundt ausge-
arbeitet150. Das mag für die vorgelegte Zusammenstellung zutreffen, die sich auf
diejenigen Punkte beschränkte, über die auch der Kurfürstenrat verhandelte.
Wenn man aber bedenkt, daß Ferdinand seit Anfang Februar von den kursäch-
sischen Absichten wußte und daß die Entscheidung des Kurfürstenrates für die
Beratung des Religionsfriedens schon am 7. März vom Fürstenrat im Prinzip
akzeptiert worden war151, ist es schwer vorstellbar, daß der König nicht früher
Weisung gegeben haben soll, sich auf diese – zweifellos unerwünschte – Wen-
dung einzustellen und Vorbereitungen zu treffen152.
146 Das Schreiben (vom 11.3.1555) gedruckt bei Lehmann 1, S. 53f.; das Zitat (S. 54 l) auch bei Lutz,
Christianitas, S. 355
147 Passauer Protokoll, fol 26r. Zusammensetzung des Ausschusses bei Wolf, Religionsfrieden S. 88
und Simon, S. 53
148 HHStA Wien, Hs. w 604, fol 12r-16r: „Der catholischen im ausschuss deß furstenrats erste idea
und begriff aines relligionsfridens“. Das Aktenstück weist zahlreiche Korrekturen auf, die teil-
weise Ergebnisse der ersten Beratungsrunde sein dürften. Ein kurzes Referat bei Wolf, Religi-
onsfrieden, S. 89f
149 Leider hat Brandi, Religionsfrieden, S. 5ff., in seiner verdienstlichen Zusammenstellung „Ent-
wurf des Religionsfriedens im Fürstenrat“ das Konzept von Zasius nicht berücksichtigt; die
größte Nähe hat die Variante A2.
150 Druffel 4, Nr. 575, S. 599
151 Fürstenratsprotokoll (wie Anm. 132), fol 21v (bei Druffel ausgelassen)
152 Einen Aktenbeleg für diese These gibt es nicht.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien