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Die Zasius-Initiative 59
Zasius begründete seine Initiative im Ausschuß damit, der Kurfürstenrat ha-
be leider die Einsichtnahme in seine Beratungsunterlagen verweigert, weil man
sich noch nicht einig sei153; jedoch halte er es für sinnvoll, wenn man sich auf
diejenigen Punkte konzentriere, die auch im Kurfürstenrat erörtert würden,
„damit also die baide Räth ... in ainer materii der Consultation beliben und
dadurch die sachen deste mer befurdert werden“154. Vertraulich hatte er erfah-
ren, daß der Kurfürstenrat über den Religionsfrieden im allgemeinen, die Pro-
bleme der geistlichen Güter und der geistlichen Jurisdiktion und über die Un-
tertanen berate155. Sein eigener Entwurf „Wie in Relligion sachen diser landfrid
hinfüro soll gehalten werden“, nahm darauf Rücksicht, denn er enthielt fünf
Hauptpunkte: (1) die übliche narrative Einleitung zur Begründung des grund-
sätzlichen Friedensgebots, (2) „von gaistlich und welltlich haab und guetter,
ober- und gerechtigkaitten“, (3) „von restitution der entwerten gaistlichen Ju-
risdiktion und güter“, (4) „von wegen beiderseits underthanen“, (5) „von be-
crefftigung und handthabung dises fridstandes“156.
Bemerkenswert ist zunächst, daß Zasius konsequent den Religionsfrieden
dem allgemeinen Landfrieden zu subsumieren trachtete: in Anlehnung an § 82
des Reichstagsabschieds von Speyer 1544 sollte der erneut überarbeitete Land-
frieden „in allen seinen puncten und artikeln, auch in Religionsachen“ von je-
dermann gehalten und Zuwiderhandeln mit den im Landfrieden vorgesehenen
Strafen geahndet werden. Im Ausschuß führte Zasius dazu aus, die angestrebte
Vereinbarung solle „in die constitution des landfriedens inseriert werde[n] als
ein dependenz desselben landfriedens und das in kraft solcher constitution des
landfriedens diese neue constitution ire becreftigung erreiche“157. Ferdinand
wollte also keine Verselbständigung des Religionsfriedens, auch mochte es ge-
genüber dem Kaiser wichtig sein, das unvermeidliche Zugeständnis als integrie-
renden Bestandteil des Landfriedens darzustellen. Indessen stieß Zasius damit
alsbald auf Widerstand, mehrere Mitglieder votierten für die besondere Veran-
kerung des Religionsfriedens im Reichstagsabschied158. In einer späteren Ver-
handlungsphase wurde dem auch sprachlich Rechnung getragen.
Zweitens hatte Zasius dafür gesorgt, die Einbindung und Verantwortung des
Kaisers zum Ausdruck zu bringen159, indem er sein Papier entgegen dem Usus
nicht als Empfehlung, sondern in dispositiver Form abgefaßt hatte, so daß an
entscheidender Stelle die Formel „ordnen, setzen und wollen wir, König Ferdi-
nand im namen der Röm. Kai. Mt.“ stand. Zweimal haben die Österreicher bei
der Beratung der ersten Artikel darauf hingewiesen, daß die Vorlage im „Stilus
153 Druffel 4, S. 590, zum 18.3.1555
154 HHStA Wien, RK RTA 29b Konv. II 2a: Zasius’ Auszug über die Verhandlungen im Religions-
ausschuß des Fürstenrates, v. 19.-25. 3.1555, fol 3r; längere Passagen gedruckt bei Druffel 4, Nr.
575, S. 599ff
155 Druffel 4, S. 590
156 Wie Anm. 148; das folgende Zitat fol 13r
157 Druffel, 4, S. 600
158 vgl. den Bericht bei Druffel 4, S. 599–611
159 Ernst, Bw. 3, S. XXXIX Anm. 5; Lutz, Christianistas, S. 363.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien