Web-Books
in the Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Biographien
Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Page - 102 -
  • User
  • Version
    • full version
    • text only version
  • Language
    • Deutsch - German
    • English

Page - 102 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.

Image of the Page - 102 -

Image of the Page - 102 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.

Text of the Page - 102 -

Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger Religionsfrieden102 Ziel. Der Kurfürstenrat reagierte zunächst zwiespältig. Die Geistlichen ver- langten, weil sie darauf nicht vorbereitet seien, einen Monat Zeit, um ihre Theologen herbeizurufen; die Weltlichen erklärten sich zur Beratung bereit, empfahlen aber, zugleich beim König dessen Resolution über den Religions- frieden anzumahnen. Beides wurde von der katholischen Mehrheit des Fürsten- rates abgelehnt, obwohl die protestantischen Mitglieder alsbald die Position ihrer kurfürstlichen Glaubensgenossen übernahmen. Das ist anscheinend der Anlaß für einen Winkelzug von Zasius gewesen: Um aus der Sackgasse heraus und zu seinem Ziel zu kommen, vertauschte er in seinem Referat Mehrheits- und Minderheitsvotum, indem er die sofortige Einsetzung des gemeinsamen Ausschusses als Empfehlung der Fürstenkurie vortrug und dem Vorschlag zu- stimmte, den König um Bekanntgabe seiner Resolution zu ersuchen, der seines Wissens dazu auch in der Lage sei397. Doch kamen die beiden Kurien zu keiner Einigung. Der Antrag auf Etablierung des gemeinsamen Ständeausschusses und die Ankündigung in der Prorogationsinstruktion, das Thema Glaubenseinheit auf jeden Fall auf dem nächsten Reichstag zu behandeln, flankieren einander, wie ja auch beide Aktionen zeitlich parallel unternommen worden sind. Ferdinand hoffte, auf dem einen oder dem anderen Gleis doch noch einen Schritt in Rich- tung Religionsvergleichung voranzukommen398. Wie sich im Laufe der Ver- handlungen zeigte, war er bereit, als Preis dafür eine Anmahnung seiner Reso- lution und den Hinweis hinzunehmen, der Religionsfriede sei Voraussetzung für alles andere. Als Gegenzug besaß er die Möglichkeit, auf vorherige Vorlage der übrigen Beratungsergebnisse zu drängen, da die Stände den Zusammenhang von Religions- und Landfrieden anerkannt hatten399. Blieb Ferdinand der Erfolg in diesem Punkt auch versagt, so zog er aus dem Prorogationsplan insgesamt zweifellos Gewinn. Unter den Fürsten erregte er damit beträchtliche Unruhe, zwischen den Protestanten gab es hektische Kon- sultationen mit wilden Spekulationen, was der König mit dem überraschenden Vorschlag wohl beabsichtige. Aber nicht nur die kursächsischen Vertreter mußten feststellen, daß Ferdinand die negative Antwort ihres Herrn sehr gelas- sen zur Kenntnis nahm und keinen Versuch machte, seinen Vorschlag nochmals zu rechtfertigen oder sie gar umzustimmen400. Denn die eigentliche und für Ferdinand rasch erkennbare Frucht der Aktion war die Weisung des Kurfürsten August, die Beratungen über den Landfrieden zu beschleunigen und zu einem positiven Ende zu bringen401. So hatte sein Schachzug immerhin bewirkt, daß 397 Während das Mainzer Protokoll (Ernst, Bw. 3, S. 280 Anm. 1) und das Passauer Protokoll (fol 158r/v) darin übereinstimmen, mehrere katholische Glieder des Fürstenrates hätten gegen Zasi- us’ Vorgehen protestiert, referiert das hessische Protokoll (fol 144v/145r, s. vorige Anm.) den Beschluß des Fürstenrates so, wie ihn Zasius vorgetragen hat. Unklar ist der bayerische Bericht (Druffel 4, S. 706). 398 So verstanden es auch die Protestanten im Fürstenrat, die sich darauf verständigten, für ein Colloquium zu plädieren (Ernst, Bw. 3, S. 277 Anm. 3). 399 Darauf hatte Zasius nebenher auch wieder verwiesen (vgl. Protokoll des Kurfürstenrates, zitiert bei Ernst, Bw. 3, S. 281 Anm.). 400 Wolf, Religionsfrieden, S. 145; Schwabe, S. 288; Ernst, Bw. 3, S. 302; Lutz/Kohler, S. 99 401 Schwabe, S. 289; Wolf, Religionsfrieden, S. 152; Lutz, Christianitas, S. 425f CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
back to the  book Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V."
Ferdinand I. als Kaiser Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Title
Ferdinand I. als Kaiser
Subtitle
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Author
Ernst Laubach
Publisher
Aschendorff Verlag
Location
Münster
Date
2019
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-402-18044-0
Size
15.5 x 23.0 cm
Pages
786
Keywords
Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
Category
Biographien
Web-Books
Library
Privacy
Imprint
Austria-Forum
Austria-Forum
Web-Books
Ferdinand I. als Kaiser