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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden106
Königs positiven Elemente reichsrechtlich zu verankern. Neben dem Ziel,
überhaupt eine praktikable Exekutionsordnung zustandezubringen, mußte es
für Ferdinand darum gehen, eine angemessene Beteiligung des Kaisers bzw.
Königs sicherzustellen und zu verhindern, daß durch die Exekutionsordnung
Machtmittel für einen potentiellen Gegenspieler bereitgestellt würden.
Nachdem der Kurfürstenrat sowohl die Einrichtung von interkurialen Aus-
schüssen als auch die vorrangige Beratung des „Profanfriedens“ abgelehnt hatte,
hatte der Fürstenrat auch diesen Gegenstand seinem Ausschuß überwiesen, der
am 6. April – also nach dem Ende der ersten Verhandlungsrunde über den Reli-
gionsfrieden – Dr. Braun und Dr. Gerhard mit der Erarbeitung einer Vorlage
beauftragte426. Die beiden legten ihr erstes Ergebnis am 20. April dem Aus-
schuß vor. Obwohl der Kurfürstenrat inzwischen seine Beratungen zu diesem
Thema beendet hatte, lehnte er den vom König angeregten Austausch zu diesem
Zeitpunkt ab427, womit ein letzter Versuch Ferdinands scheiterte, zwecks Be-
schleunigung gleichzeitige Beratung zu erreichen.
Gerhard und vor allem Braun hatten viel Mühe investiert, nicht nur den
Frankfurter Entwurf der Exekutionsordnung überarbeitet, sondern auch die
Bestimmungen über den Reichslandfrieden, wie sie zuletzt im Reichstagab-
schied von 1548 niedergelegt waren, einer kritischen Durchsicht unterzogen
und sie – wie Braun meinte – in eine bessere Ordnung gebracht. Bis Ende Juni
nahm der Ausschuß noch etliche Revisionen vor428. Es blieb letztlich vergebli-
che Schreibarbeit.
Der Grundgedanke des Frankfurter Papiers, die Landfriedenswahrung so
weit wie möglich den Kreisen zu übertragen, blieb natürlich erhalten und lag ja
durchaus im Interesse des Königs bzw. Kaisers. Etliche Änderungen aber ziel-
ten auf Verstärkung ihres Einflusses429. Neu war eine Pflicht der Kreisobersten,
dem Kaiser schriftlich Bericht zu erstatten, worauf dieser Mandate an die
hilfspflichtigen Kreise erlassen sollte; dagegen war die in der Frankfurter Ord-
nung vorgesehene Vollmacht der Obersten, von sich aus die benachbarten Krei-
se zu einer Tagung zu laden, fortgefallen. Falls die Hilfe von mehr als fünf Krei-
sen erforderlich schien, sollte der Kaiser ersucht werden, eine „Kreisversamm-
lung“ nach Frankfurt oder Worms einzuberufen, auf der im Beisein kaiserlicher
Kommissare für den konkreten Fall ein „oberster Hauptmann“ gewählt werden
sollte. Die in Frankfurt gefundene Lösung, eine ständige Doppelspitze von zwei
Generalobristen einzurichten, war damit aufgegeben, die Bestimmungen über
deren Pflichten und Rechte konnten entfallen. Stark betont war, daß die Kreis-
obristen außerhalb von Exekutionsordnung und Landfrieden „sonst kaine an-
426 Kohler, Sicherung, S. 157f; Rößner, S. 260f.
427 Lutz/Kohler, S. 62f.
428 NWStA Münster, FML 473 Bd. 151, enthält mehrere mit Marginalien kommentierte Exemplare,
die das spezifische Interesse der Vertreter des westfälischen Kreises dokumentieren.
429 Ich benutzte das Arbeitspapier des münsterschen Gesandten (NWStA Münster, FML 473 Bd.
151, fol 275–304). Die Änderungen sind durch Marginalien wie „nova additio“ oder „ausgelas-
sen“ markiert. Zur Sache vgl. Kohler, Sicherung, S. 158, sowie Rößner, S. 262f, deren Ausfüh-
rungen ich nicht immer folgen kann.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien