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Die Beratungen zur Handhabung des Landfriedens 109
den suspendieren zu können446. Ferdinand hatte allen Grund, über die mangel-
hafte Kooperationsbereitschaft der Kurfürsten und der Protestanten zu kla-
gen447. Es bedurfte einer weiteren Aufforderung nach seiner Rückkehr aus Bay-
ern, um am 11. Juli endlich als Antwort der Stände zu erfahren: Nach ihren
Informationen habe Herzog Erich dementiert, Truppenwerbungen vorgenom-
men zu haben; um sicher zu gehen, könnten König und Stände ja eine offizielle
Anfrage an ihn richten. Im übrigen halte man es für den besten und sichersten
Weg, wenn man den Religions- und den Profanfrieden zügig verabschiede,
dann würden die Unruhen schon aufhören. Der letzten Sentenz konnte Ferdi-
nand natürlich nicht widersprechen, das offizielle Schreiben lehnte er als un-
nütz, ja sogar schädlich ab und bekräftigte noch einmal, es wäre sehr wohl sinn-
voll, von Reichs wegen Vorsorge gegen Truppenansammlungen zu treffen448.
Doch sah er ein, daß in dieser Frage nichts zu erreichen war, und da zuletzt
beruhigende Meldungen aus Niedersachsen gekommen waren, verschwand der
Punkt aus den weiteren Verhandlungen des Reichstags449.
Die Beratung der Exekutionsordnung war dadurch wiederum verzögert
worden. Es sollte der Beschleunigung dienen und war sicher auch eine Konse-
quenz aus den Erfahrungen bei den interkurialen Verhandlungen über den Re-
ligionsfrieden, wenn der Fürstenrat Ende Juni einem – wohl von Österreich
angeregten – Vorschlag seiner katholischen Mitglieder folgte, den Kurfürstenrat
schon vor dem offiziellen Austausch der Voten um Einsichtnahme in seinen
Entwurf zu bitten, um den eigenen nach Möglichkeit anzugleichen450. Gegen
die Zusicherung, es sollte eine Ausnahme sein, die man sehr zu würdigen wisse,
ließ sich der Kurfürstenrat bewegen, sein Papier dem Ausschuß des Fürstenra-
tes am 1. Juli „vertraulich“ zu überlassen451. Ein paar Tage später erhielt der
Fürstenrat unter denselben Vorbehalten den kurfürstlichen Entwurf für die
revidierte Kammergerichtsordnung452. Ende Juli konnte Zasius dann das Er-
gebnis der Beratungen des Fürstenrates präsentieren.
Der Angleichung und den nachfolgenden interkurialen Verhandlungen sind
die für die Reichsspitze interessanten Regelungen weitgehend zum Opfer ge-
fallen. Auch der Kurfürstenrat war auf den Landfrieden von 1548 zurückgegan-
gen und hatte aus dem ersten Teil des Frankfurter Entwurfs einige Elemente
übernommen453. Bestimmend war indessen die Sorge, die Exekutionsordnung,
wie sie in Frankfurt konzipiert worden war, könnte zu einer Verstärkung der
monarchischen Gewalt zulasten der reichsfürstlichen führen. Kursachsens Ge-
sandter in Augsburg Franz Kram hat es schon im April auf den Punkt gebracht:
„Darum bedarf es aufsehens, das ... sunderlich aber der Kai. Mt. und Kö. Mt.
446 Ernst, Bw. 3, S. 246
447 F. an Karl, 8.7.1555 (Druffel 4, S. 697)
448 Lutz/Kohler, S. 80f; Passauer Protokoll, fol 140r
449 Vgl. das von Schwabe, S. 284 referierte genüßliche Resümee Krams.
450 Ernst, Bw. 3, S. 251f.
451 Es gab deshalb längere Geschäftsordnungsdebatten, vgl. Kohler, Sicherung, S.156f.
452 Ernst, Bw. 3, S. 261
453 Zu den Einzelheiten der kurfürstlichen Beratungen und ihren Ergebnissen vgl. Kohler, Siche-
rung, S. 152–156.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien