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Kapitel 1: Ferdinand und der Augsburger
Religionsfrieden124
chung „einhellig“ sein müsse, nicht mehr angefochten worden war, wurde im
Rat des Königs zu Recht argumentiert, damit hätten die Protestanten ihr Ziel
bereits erreicht, so daß die Bewilligung der „ewigen“ Dauer nicht weiterreiche,
und darum auch vorgeschlagen, gegebenenfalls der Kurie gegenüber den Wort-
laut so auszulegen, damit sei Dauer „bis zu endlicher vergleichung“ gemeint.
Dennoch sah man voraus, daß die Rechtfertigung des Abkommens in Rom
durch dieses Wort sehr erschwert würde554. Ferdinand entschied, den Prote-
stanten nachzugeben. Als Gegenleistung wollte man von ihnen Einlenken in
allen anderen Punkten verlangen, sich das Zugeständnis also so hoch wie nur
möglich honorieren lassen.
Ferdinand selbst war es gewesen, der während des Reichstages hartnäckig
gegen die Zuspitzung „ewig“ Widerstand geleistet hatte; anscheinend ging sie
für ihn weiter als das von ihm in Passau zugestandene „beständig“ verbunden
mit „bis zu endlicher Vergleichung“555. Ohne Zweifel war ihm Kaiser Karls
damaliger unbeugsamer Widerwille gegen die Entfristung des Friedens gegen-
wärtig, die darum nicht in den Passauer Vertrag aufgenommen worden war. Es
wurde gezeigt, daß der Zasius-Entwurf – als Spiegel für die Haltung des Königs
zu Beginn des Reichstages – hinter seinen während der Passauer Verhandlungen
gemachten Konzessionen zurückblieb, obwohl Kurfürst August sie wie Zusa-
gen bewertete und einforderte. Heinrich Lutz hat überlegt, ob Ferdinands Wi-
derstand gegen die uneingeschränkte Entfristung „von Anfang an im Sinne
eines Tauschgeschäftes gegen protestantische Konzessionen gemeint“ war556.
Indessen war in diesem Punkt solange Rücksichtnahme auf die beiden Häupter
der Christenheit angezeigt, als noch vage Möglichkeiten bestanden, daß sie
irgendwie in den Reichstag eingreifen könnten – der Papst etwa durch Signale,
echte theologische Verhandlungen fördern zu wollen, der Kaiser durch inhaltli-
che Stellungnahmen zu Reichstagsergebnissen. Beides war Anfang September
nicht mehr zu erwarten557, und Ferdinand unterließ es nun auch in seiner Be-
richterstattung an den Kaiser, um dessen Ansicht zu den Ergebnissen zu bitten.
Im Rahmen seiner eigenen Konzeption war Ferdinands Entscheidung folge-
richtig, an diesem Punkt, den die Protestanten zu einer Grundsatzfrage erhoben
hatten, den Frieden nicht „zerschlagen“ zu lassen. Nicht nur auf Grund der
Duplik durfte der König erwarten, daß die Katholiken gegen eine unbegrenzte
Dauer des Friedens nicht opponieren würden. Mit der Abwertung als „otiosae
tautologiae et repetitiones“558 suchte Ferdinand gegenüber den Protestanten zu
verschleiern, daß er die weittragende Bedeutung sehr wohl erkannt hatte.
554 Lutz/Kohler, S. 117; Lutz, Christianitas, S. 428
555 Vgl. Brückner, S. 21, wonach Katholiken geäußert haben, der „ewige“ Friede sei ein „neu erfun-
dener Terminus, ein monstrum in natura“.
556 Lutz, Christianitas, S. 429
557 So auch Lutz, Christianitas, S. 426
558 Ranke, Reformation 6, S. 296
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien