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KAPITEL 2
DER REGENSBURGER REICHSTAG
Vorbereitende Überlegungen und Aktionen
Der Regensburger Reichstag stand von Anfang an unter keinem Ferdinand
günstigen Stern. Der König hatte seine Anberaumung zum 1. März 1556 durch-
gesetzt in der Hoffnung, dort Fortschritte hin zur Wiedervereinigung im Glau-
ben zu erzielen. Nachdem sich die Protestanten unter dem maßgeblichen Ein-
fluß Augusts von Sachsen in Augsburg beharrlich geweigert hatten, darüber vor
Abschluß des „ewigen“ Religionsfriedens zu reden, hatte Ferdinand im Ab-
schied als Programmpunkte für den neuen Reichstag festgelegt: „fürnemblich
von christlicher Vergleichung unserer H. Religion und Glauben-Sachen, und
danach auch von endlicher Richtigmachung und würklicher Vollnziehung der
Neuen Müntz-Ordnung und Kaiserlichen Edicts, und was sonst mittlerweil vor
mehr Obliegen und Sachen fürfallen weren“ sollte gehandelt werden1. Der Kö-
nig mag geglaubt haben, mit dieser Festschreibung die protestantische Verwei-
gerung, vielleicht aber auch Widerstände von katholischer Seite überspielen zu
können2. Da er für das nächste Jahr mit einem neuen Angriff des Sultans auf
Ungarn rechnete3, hatte er die Pause zwischen Ende des alten und Zusammen-
tritt des nächsten Reichstages mit gerade fünf Monaten sehr kurz bemessen und
die Möglichkeit, eine „Türkenhilfe“ auf die Tagesordnung zu setzen, offenge-
halten.
Wie schon ausgeführt hatte Ferdinand sowohl die Ansetzung des Reichstages
selbst als auch seine Aufgabenstellung gleichsam im Alleingang, ohne Konsul-
tationen mit Karl V., vorgenommen. Dennoch ist er offenbar von den Prämis-
sen ausgegangen, daß Karl seine Zustimmung erteilen und er selbst den Reichs-
tag wieder „im Auftrag“ des Kaisers leiten werde – von dessen Entschluß abzu-
danken hatte er ja noch nichts gewußt, als er den genannten Paragraphen des
Reichstagsabschieds bei den Reichsständen durchsetzte. Die zweite Annahme
erwies sich indessen als unzutreffend, doch hat es anscheinend eine Weile ge-
dauert, bis Ferdinand sich das eingestanden hat. Noch Anfang 1556 entschul-
digte er sich bei Karl nicht nur dafür, daß er, ohne zuvor sein Einverständnis
einzuholen, an den Papst geschrieben und wegen der schwierigen Religionspro-
bleme um die Entsendung tüchtiger Legaten gebeten hatte, sondern behauptete
auch, er habe aus den bisherigen Äußerungen des Kaisers „nit anders vernemen
können, dan das E.L. und Kay. Maj. freundtlicher und brüderlicher will und
mainung seye, das wir solchen reichstag auch im namen E.L. und Kay. Maj.
1 Neue Sammlung 3, S. 39 (Artikel 141)
2 Leider enthält Hornungs Protokoll keine Nachrichten über diesem Schritt vorhergehende
Überlegungen im Rat des Königs.
3 Vgl. seinen Brief an Karl v. 24.9.1555 (Lanz, Corr. 3, S. 683f).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien