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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag146
zuteilen, daĂź das Gesuch Herzog Albrechts von Bayern um Bewilligung dieser
Konzessionen soeben abschlägig beschieden worden war31. Den Antrag hatte
Albrecht am 21.9.1555, also kurz vor dem Ende des Augsburger Reichstages,
gestellt32. Es spricht einiges dafĂĽr, daĂź Albrecht fĂĽr den Schwiegervater gewis-
sermaĂźen eine Vorreiterrolle ĂĽbernommen hat, denn Ferdinand war in seinen
Erblanden schon länger mit denselben Forderungen konfrontiert. Noch 1554
hatte er den Empfang des Abendmahls unter beiderlei Gestalt wiederum ver-
boten und damit helle Empörung beim evangelischen Adel ausgelöst33. Anfang
1556 aber nötigten ihn seine evangelischen Landstände während eines Aus-
schußlandtages in Wien zur Suspension dieses Mandats – wenn auch nur bis
zum nächsten Reichstag –, als sie die Bewilligung von Türkengeldern von weit-
reichenden Konzessionen in der Religionsfrage abhängig machten34. Doch
Papst Paul IV., an sich keineswegs ein Gegner von Reformen, dachte nicht ent-
fernt daran, auf dem Felde der kirchlichen Disziplin von den „Häretikern“
gewünschte Lockerungen zuzugestehen35. – Als Delfino die päpstlichen Er-
mahnungen vortrug, setzte sich Ferdinand, der sein Befremden schon dadurch
signalisiert hatte, daß er den päpstlichen Gesandten „wegen starker geschäftli-
cher Beanspruchung“ einen Tag warten ließ, entschieden zur Wehr: Die Grün-
de, die den Abschied von Augsburg unumgänglich gemacht hätten, habe er dem
Bischof von Verona (Lippomano) erläutert; er habe dadurch eine größere Be-
raubung der Geistlichen verhindert und glaube, fĂĽr seine Anstrengungen mehr
Lob als Tadel zu verdienen. Im Blick auf den Reichstag bekräftigte er seine
Absicht, nach Möglichkeit über die Einigung in der Religion zu verhandeln36.
Wie wenig er nach den Vorhaltungen Delfinos noch auf UnterstĂĽtzung aus
Rom setzte, erhellt auch daraus, daß er nach Eröffnung des Reichstages im Juli
den Nuntius von einer Reise nach Regensburg abhielt37; ein Vertreter der Kurie,
der die katholischen Stände zu intransigentem Verhalten bestimmen sollte,
muĂźte auf die Protestanten provozierend wirken und konnte Ferdinands Ab-
sichten nur hinderlich sein.
Bis Anfang April 1556 hatte sich für Ferdinand weitgehend geklärt, was er
von katholischer Seite auf dem Reichstag in der Religionsfrage zu erwarten
hatte. Er leitete nun den Versuch ein herauszubekommen, was die Protestanten
beabsichtigten. Die von ihnen geplante Konferenz in Naumburg war zwar we-
gen mehrerer interner Querelen bisher nicht zustande gekommen38. Indessen
war mit dem Tod des KurfĂĽrsten Friedrich II. von der Pfalz am 26.2.1556 inso-
fern eine wichtige Veränderung eingetreten, als mit dem Übergang der Kur-
würde auf den entschiedenen Lutheraner Ottheinrich ein grundsätzlicher Geg-
31 Ebda, S. 200; die Antwort an Bayern innerhalb der Instruktion S. 196f
32 Vgl. dazu Lutz, Bayern, S. 206 u. S. 210f.
33 Mecenseffy, S. 33
34 Die Vorgänge sind aus den Akten referiert von Stülz; vgl. auch Adler, S. 275f, Eder, Glaubens-
spaltung S. 76f, Mecenseffy, S. 44f, Loesche, S. 77f.
35 Lutz, Bayern, S. 214
36 NB I 17, S. 224–226: Delfinos Bericht v. 29.3.1556; vgl. Maurenbrecher, HZ 50, S. 12f
37 Vgl. NB I 17, S. 273: Delfino an G. Caraffa, Wien, 12.7.1556
38 Dazu Wolf, Protestanten, S. 9ff; Bundschuh, S. 96ff
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂĽnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien