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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag152
währt62. Die Beiträge sollten von einem Zahlmeister der Stände eingetrieben
werden. Dieser Vorschlag sollte natürlich das Mißtrauen beschwichtigen, das
Geld würde am Ende für andere Zwecke ausgegeben. Das bedrohte Ungarn
wurde als „Vormauer und Schild des Reiches“ bezeichnet, darum müßten die
Reichsstände bei der Verteidigung und Rückeroberung des Verlorenen helfen,
zumal die finanziellen Kräfte der Untertanen des Königs und seine eigenen
Kammergüter durch die langen Kämpfe überstrapaziert worden seien63. Seine
Kommissare erhielten zur Erläuterung sogar eine Liste mit den in Ungarn,
Böhmen und Niederösterreich erhaltenen Bewilligungen für das letzte Jahr
sowie die Information, daß allein die Kosten für die Grenzbesatzungen in Frie-
denszeiten sich auf eine Million rheinischer Gulden beliefen64, doch gab sich
Ferdinand keiner Illusion darüber hin, daß die Gelder „nit leichtlich uf jetzigen
sumer und auch herbstzeit eingebracht“ würden. Wer die türkischen Drohun-
gen als Propaganda abtue, so sollten seine Gesandten etwaigen Kritikern vor-
halten, müsse sich sagen lassen, „mit sehenden augen nit sehen [zu] wollen“;
wenn man sich gegen diesen gefährlichen Feind nicht rüste, käme es leicht da-
hin, „das woll alle disputation, die von religion-artikl und von richtigmachung
der muntzordnung auch handthabung und vollziehung des religion und pro-
phanfriedens furgenomen und gehalten werden, vergeblich sein konnten“65.
Damit kehrte Ferdinand das von den Protestanten gelegentlich benutzte Argu-
ment, es lohne nicht, die äußere Sicherheit zu erkämpfen, so lange der innere
Friede durch Behebung ihrer Gravamina nicht gewährleistet sei66, gegen sie.
Des weiteren sollten seine Kommissare andeuten, daß angesichts der Nähe der
Gefahr eigentlich „sumer und winnter gegen ine ain ansehenlich kriegsvolgk
erhalten werden müsse, [damit] ein beharrlicher notwendiger widerstand“ ohne
zusätzlichen Aufwand geleistet werden könne. Damit wurde eine ständige
Grenztruppe des Reichs zur Diskussion gestellt67. Da er neue türkische An-
griffe im nächsten Jahr erwartete, lehnte er die Anregung Herzog Albrechts, mit
der Reichstagseröffnung zu warten, bis die Türken in ihre Winterquartiere ab-
zögen und der König selbst kommen könne, als untauglich ab und bestand auf
unverzüglicher Beratung68.
Eine fruchtbare inhaltliche Diskussion über die Glaubensfrage bezeichnete
der König jetzt als unwahrscheinlich und hielt darum eine Vertagung für
zweckmäßig und konsensfähig69. Als Gründe nannte er: Nach seinem Eindruck
werde sie von den Protestanten nicht ernstlich angestrebt, prominente evangeli-
sche Stände hätten vielmehr erkennen lassen, „das sich der religion articl diser
zeit nit woll disputiren lassen werde“; und der hohe Klerus, dem die ablehnende
62 Vgl. Steglich, S. 52; Fichtner, Ferdinand I., S. 129ff
63 Proposition, fol 367r-368v
64 Instruktion v. 3.7., fol 335v/336r; die Liste liegt leider nicht bei dem Aktenstück.
65 Instruktion v. 3.7., fol 331v; das folgende Zitat fol 335r (auch zitiert bei Heischmann, S. 74)
66 Schlaich, Maioritas, Teil 2, S. 174f
67 Das war kein neuer Gedanke, schon in den dreißiger Jahren hatte Ferdinand mehrmals Anläufe
in dieser Richtung unternommen (Heischmann, S. 69f).
68 Brief an Albrecht v. 2.7.1556 (wie Anm. 59), fol 326r
69 „...achten wir gennzlich, das von denselbigen auf disem reichstag nichts fruchtpars zu handlen,
sondern auf ander gelegenere zeit die sachen zu verschieben sein werde“ (ebda, fol 327r).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien