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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag160
che Einwirkung auf die einflußreichsten Fürsten das Ziel noch erreichen zu
können. Keinesfalls wollte er den Theologen das Feld allein überlassen, viel-
mehr schwebte ihm vor, daß während des Reichstages – wodurch ihm die Gele-
genheit zur Einflußnahme gegeben gewesen wäre – Theologen und kompetente
Laien die Probleme erörtern, dann aber die in seinen Augen Verantwortlichen,
nämlich die Fürsten persönlich, entscheiden sollten. Zasius rekapitulierte die
königlichen Vorstellungen so: „nit so weitläuffig, hessig und unverfengklich,
wie hievor ettlich mal beschehen, per modum consultationis und aines
freundtlichen, vertreulichen, unbedingten gesprechs ettlicher geistlicher und
weltlicher, der sachen tauglicher personen, so von gemainen stenden darzu
erkießt, furgenomen und volgents derselben berathschlagung gemainen stenden
zu weiterer deliberation fürbracht wurde“115. Eben darum hatte Ferdinand in
seiner Juli-Instruktion den Hinweis gegeben, man solle die Beratungen über die
Religion verschieben, weil zu wenige Fürsten anwesend wären.
Die Stellungnahme des Königs war noch nicht in Regensburg eingetroffen,
als dort die Verhandlungen endlich in Gang kamen. Seine Räte sahen sich daher
vor dem Dilemma, in der kurzfristig anberaumten Sitzung, in der über die Rei-
henfolge beraten werden sollte, entweder eine Niederlage hinnehmen oder aber
von ihrer Instruktion abweichen zu müssen. Zasius verfiel auf den Ausweg, eine
andere Verfahrensfrage in den Vordergrund zu rücken: Er schlug im Fürstenrat
vor und erhielt dafür auch die Mehrheit, sowohl die Türkenhilfe an einen inter-
kurialen Ausschuß zu überweisen – unter anderem mit der Begründung, daß
dann auch die Städte, die „nit den geringen thail der hilff auf inen haben“116,
besser einbezogen werden könnten – als auch die Religionsfrage. Da der Kur-
fürstenrat prinzipiell gegen interkuriale Ausschüsse zu sein schien, hoffte Zasius
mit diesem Trick eine Verzögerung der Beratungen über die Reihenfolge der
Proposition zu erreichen117. Indessen hatten die Protestanten schon im August
sich auf Vorschlag Kursachsens geeinigt, diesmal den interkurialen Religions-
ausschuß selbst anzustreben118. Anscheinend hat Zasius das nicht gewußt, sonst
hätte er schwerlich geglaubt, mit seinem Vorschlag eine längere Zeit beanspru-
chende Debatte zur Geschäftsordnung auslösen zu können. Im Kurfürstenrat
wurde die gemeinsame Beratung der Türkenhilfe sofort einmütig mit der übli-
chen Begründung abgelehnt, während gegen den interkurialen Religionsaus-
schuß diesmal keine Einwände erhoben wurden, weil er im Passauer Vertrag
vereinbart war119. Der Zeitgewinn betrug so nur einen Tag und brachte den
115 Wie Anm. 113, mehrere Passagen zitiert bei Bundschuh, S. 150. Zasius deutete diese Konzeption
als grundsätzliche Zustimmung zum Colloquium: „insonderheit dieweil E. Mt. inen on daß den
weeg und das mitteil mit gnaden gefallen lassen, deß wir uns versehen inen gemain annemlich
sein wird, als nemblich ain colloquium“, und begrüßte die einzelnen Elemente.
116 HHStA Wien, MEA RTA 43, S. 71; vgl. auch Ernst, Bw. 4, S. 168
117 Eingehend ist dieser Plan entwickelt im Schreiben der Kommissare vom 21.9.1556 (Ebda, RK
RTA 37, fol 112r-117v, Kopie).
118 Vgl. Ernst, Bw. 4, S. 132–135
119 Aus dem Mainzer Protokoll (wie Anm. 96, S. 70–78) läßt sich die Hinnahme des Religionsaus-
schusses durch den Kurfürstenrat schon für September erkennen; insoweit ist Neuhaus, Reichs-
tag, S. 303f, zu korrigieren. Nur wegen des andauernden Streits über die Reihenfolge der Bera-
tungspunkte und über die Aufnahme der Freistellung kam es erst im November zum Beschluß.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien