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Kapitel 2: Der Regensburger
Reichstag168
wie der Koadjutorfehde in Livland bemĂĽhen. Zum letztgenannten Punkt unter-
breiteten die Stände ein paar konkrete Vorschläge161.
Nachdem mehrmals Delegationen aus Ferdinands Erblanden die TĂĽrkennot
vor dem Reichstag beweglich geschildert hatten162, muĂźte diese wenig kon-
struktive Antwort provozierend wirken. Sie war auch darauf zurĂĽckzufĂĽhren,
daĂź einige Gesandte sich zu den Einzelheiten der TĂĽrkenhilfe nicht ausreichend
instruiert meinten163. Ferdinand reagierte sehr ungehalten: Nach nur kurzer
Besprechung mit seinen Räten und Herzog Albrecht ließ er Jonas antworten:
Um die Hilfe anderer christlicher Herrscher bemĂĽhe er sich, wie man der Pro-
position entnehmen könne, seit einem halben Jahr. Er habe erwartet, daß die
Stände sich nach so langer Bedenkzeit zu einer ansehnlichen Hilfeleistung bereit
erklärten; anscheinend werde die Gefahr zu leicht genommen164. Außerdem
werde zu wenig gearbeitet; auf früheren Reichstagen sei „wol mit mereren ernst
und embsiger gehandelt worden“, nämlich vormittags vier und nachmittags
ebenfalls mehrere Stunden. Ferdinand selbst verschärfte diese Standpauke noch:
Es sei zu wenig, täglich nur drei Stunden zu beraten, auch sei die Unpünktlich-
keit ein Ärgernis. Seine Erwartung brachte er auf die Formel „je grösser und
beharrlicher aber die hilff je besser es wäre“. Eine Entgegnung der Stände ließ er
nicht zu165.
Die Empfehlungen der Reichsstände zur Beilegung des Konflikts in Liv-
land166 wurden am nächsten Tag von Ferdinand im großen und ganzen akzep-
tiert. Danach sollten die streitenden Parteien schriftlich ermahnt werden, ihre
Truppen zu entlassen, und der Ordensmeister sollte den gefangenen Erzbischof
von Riga gegen Kaution freigeben; die strittigen Fragen sollten vor einer De-
putation des Reiches, die am 1. April 1557 in LĂĽbeck zusammentreten sollte,
verhandelt werden167. Ferdinand, der sich seit dem Sommer bemĂĽhte, durch
schriftliche Mahnungen eine Ausweitung zu verhindern, hatte schon vor zwei
Monaten seine Reichstagskommissare instruiert, eine gemeinsame Gesandt-
schaft von König und Reichstag sowie die Mitwirkung der Könige von Däne-
mark und Polen bei einer Vermittlung zur Diskussion zu stellen168. Darauf griff
er zurĂĽck und schlug die sofortige Bildung einer Kommission vor, die schon
früher und in einem näher an Livland gelegenen Ort zusammentreten oder sich
161 Die Zugehörigkeit Livlands zum Reich war damals unstrittig; s. Kapitel 10, S. 681 Anm. 505.
162 Zuletzt am 1.12. 1556 (HHStA Wien, MEA RTA 43, S.322–324: Mainzer Reichstagsprotokoll;
ebda, fol 59–62: Kopie der Werbung).
163 So die Mainzer (wie Anm. 158)
164 Als Beweis für die Größe der Gefahr diente die Nachricht, der Sultan sei am 20. Oktober ins
Feldlager nach Adrianopel aufgebrochen; Ferdinand wiederholte sie in seiner Ansprache.
165 HHStA Wien, RK RTA 39, fol 503v-507v: Protokoll zum 18.12.56. Das Regest des wĂĽrttember-
gischen Berichts (Ernst, Bw. 4, S. 231) läßt die bittere Reaktion des Königs nicht erkennen.
166 vgl. Kapitel 10, S. 681
167 SHStA Dresden, Loc 10193, fol 142–147: Resolution Ferdinands zum Livland-Bedenken der
Stände, übergeben am 20.12.1556; dgl. HHStA Wien, MEA RTA 43, fol 100r-103v (Kopie); nach
dem Bericht der Mainzer Gesandten, dem sie beigefĂĽgt war, wurde sie schon am 19.12. ĂĽberge-
ben (fol 84r). Zu den Beratungen der Stände vgl. das Protokoll (wie Anm. 156), bes. fol 490v-
492r + 495r/v.
168 HHStA Wien, ebda 37, fol 304r-306r: Weisung v. 21.10.1556 (Konz.)
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂĽnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien