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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
1556/58224
Unterstützung seines Bruders gern während einer persönlichen Begegnung ans
Herz gelegt, konnten die Kurfürsten ableiten, daß die vom König angestrebte
Konferenz mit ihnen diese Problematik betreffen würde. Ottheinrich hatte
seinen Reichstagsgesandten vorsorglich für den Fall, daß die Resignation in
Regensburg zur Beratung gestellt würde, Weisungen erteilt110. Karls bisheriger
Rat Hornung, der mit der Abfassung der Instruktionen und Mandate beauftragt
gewesen war, hatte keine Hemmungen gehabt, schon Ende August dem Abt
von Weingarten mitzuteilen, Bevolllmächtigte des Kaisers, darunter Seld, wür-
den „ad resignandum imperium vel saltem administrationem“ auf dem laufen-
den Reichstag erscheinen111. Wie gezeigt erfüllte sich diese Prognose nicht. Die
Informationen, die Ferdinand aufgrund der vom Kaiser verlangten strikten
Geheimhaltung des „Stufenplans“ den Kurfürsten zukommen ließ, blieben
lange kärglich112. Kurfürst August von Sachsen bekannte Anfang 1557, nicht zu
wissen, wie es mit der „Resignation“ des Kaisers werden solle113. Das erwähnte
Gespräch seines Gesandten Mordeisen mit dem König brachte nur über das
„Ob“ Gewißheit. Dem gewöhnlich gut unterrichteten bayerischen Rat Dr.
Wiguleus Hundt war Ende Februar 1557 keineswegs klar, ob die „Resignatio
Imperii“ oder nur die ausdrückliche Zustimmung der Kurfürsten zur Admini-
stration des Reiches durch Ferdinand angestrebt würde, zumal er gehört hatte,
„die Resignation totalem wellen Ir kö M., wie man sagt, nit annemen“114. Wel-
ches Ausmaß der Rückzug des Kaisers vom Reich haben sollte, blieb bis zum
Frankfurter Tag auch für die Kurfürsten offen, wie Überlegungen zur Vorbe-
reitung auf die Tagung zeigen, die von den weltlichen Kurfürsten angestellt
worden sind.
Die Erwägungen der Kurfürsten von Sachsen und Brandenburg haben im
Juni 1557 in einem gemeinsamen Papier ihren Niederschlag gefunden115. Daran
ist zunächst von Interesse, daß sie ebenfalls drei Varianten für Karls Resignation
vom Reich in Rechnung gestellt haben, von denen die beiden weitergehenden
genau denen des habsburgischen Stufenplans entsprachen116, und daß sie auch
zu einer eindeutigen Option gelangt sind: Es sei am ratsamsten und besten,
wenn der Kaiser dem Römischen Könige nicht nur die Administration des
Reichs, sondern „die Ehere [sic!], Wirde und Nhamen eines Römischen Keisers
auch abtreten und irer königlichen Majestät also das Keiserthumb volkömlich
ubergeben“117. Für diese Lösung wollten sich die beiden Herren bei ihren Kol-
110 Kurze, S. 90 Anm. 9
111 Hornung an Abt Gerwig, Gent, 28.8.1556 (Blarer Briefe 2, S. 417). Mitte Oktober erhielt der
Abt von einem anderen Briefpartner dieselbe Meldung (ebda, S. 420).
112 Auch in Ferdinands Korrespondenz mit Brüssel ist immer nur von dem „Auftrag Oraniens“ die
Rede.
113 Goetz, Wahl, S. 207 (August an Andreas Ungnad, Dresden, 5.1.57)
114 Mayer, S. 233f: Hundt an Herzog Albrecht, Regensburg, 26.2.1557
115 Das von Altmann, Vorgehen, S. 331ff mitgeteilte Dokument stammt aus der sächsischen Kanzlei
(S. 331 Anm. 1) und ist auf den 18.6.1557 datiert (S. 336).
116 Altmann, Vorgehen, S. 332 Ziff. 2; als dritte Variante wird die Übertragung der Administration
mit Auflagen („mit etwan einer Maß“) genannt.
117 Altmann, Vorgehen, S. 332 Ziff. 3. Das hatten sie Ferdinand schon im Februar 1557 wissen
lassen (vgl. die Instruktion für Mordeisen v. 3.2.1557 in SHStA Dresden, Loc 10193, fol 12v).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien