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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
1556/58236
der Erblande des Kaisers174. Die Beschwerde belegt, daß die Herren keineswegs
immer nur das Wohl des Reiches im Blick hatten.
Die Antwort, die Ferdinand nach eintägiger Prüfung am 8. März auf das
kurfürstliche Votum erteilte175, wahrte mit wohlbedachten Formulierungen
seine Position, die Rolle der Kurfürsten bei der Herrschaftsübertragung als die
von Gutachtern zu umschreiben. Er bedankte sich für ihren Rat, nahm ihre
Bitte zur Kenntnis, die Kaiserwürde auf sich zu nehmen, da sie nun einmal vom
Kaiser „jetzt resigniert wurdet“, und wollte darin die „freuntliche getreue zu-
neigung“ der Herren erkennen. Nachdem er nochmals seine vergeblichen Ge-
genvorstellungen beim Kaiser und dessen Drängen betont hatte, folgte seine
Erklärung: Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie der Kurfürsten
„rathen und freundlich ersuechen und bitten“, das Kaiseramt zu übernehmen,
„ist Ihre Kön. Majest. gnädiglich entschlossen, Hochgedachter Kayserl. Maj. zu
bruederlichem Gefallen, und auf Ihrer Churfl. G. freundlichen Rath und be-
schehen ersuchen und freundlichen Bitt, sich solcher Dignität und daran han-
genden hochbeschwerlichen Bürde, im Namen des Allmächtigen zu unterfa-
hen“176. Gehorsam gegen den Kaiser und Eingehen auf den Rat der Kurfürsten
wurden also als die ausschlaggebenden Motive für den eigenen Entschluß, die
bisherige Weigerung aufzugeben und doch zu Lebzeiten des Bruders die Kai-
serkrone zu übernehmen, hervorgehoben; Ferdinand stilisierte sich als zum
Kaisertum Gedrängter.
Die sofortige Erwiderung der Kurfürsten belegt, daß sie Ferdinand genau
zugehört und verstanden hatten. Sie brachte nicht nur Befriedigung über die
Annahmeerklärung und höfliche Glückwünsche für seine künftige Regierung
zum Ausdruck, sondern fügte die Feststellung hinzu, „nachdem nun die Sachen
allein darauf beruheten, daß auf Ihrer churfl. Gnaden Rath und Bewilligung die
resignation vorgehen sollen und zu desselbigen actu geschritten werden“177.
Genau diese Position hatten sie auch in den einleitenden Sätzen der neuen Ob-
ligation zum Ausdruck gebracht – natürlich im stilus majestatis formuliert, da
Ferdinand der Aussteller war: Nachdem Kaiser Karl seiner Gesandtschaft den
Auftrag erteilt habe, das Kaisertum „mit vorwissen, bewilligung und im beywe-
sen derselben unserer Churfürsten uns auffzutragen und zu resignieren“, haben
wir (Ferdinand) aufgrund des kurfürstlichen „Rath, Gutbedüncken, Consens
und Bewilligung uns als zuvorn erwehlter unnd gekrönter Röm. König solche
deß Keyserthumbs Administration und Regierung beladen“178. Im Unterschied
174 Gemeint war wohl Ferdinands am 15.3.1557 (am Ende des Regensburger Reichstages) erlassenes
Mandat diesen Inhalts (HHStA Wien, RK RTA 37, fol 36, Druck).
175 HHStA Wien, RK RTA 41 (Konz. von Jonas); ebda, Rig 36, fol. 21r-22v (Abschrift); ebda,
MEA WuKA 4, fol 71–73 (Kopie, der Schrift nach m.E. aus der königlichen Kanzlei stam-
mend); Druck bei J.W. Hoffmann 1, S. 41–44
176 In Jonas’ Konzept stand zunächst nur „Rat“ bzw. „Rat und Bitte“; die Häufungen sind am Rand
nachgetragen, man wollte also verstärken. (Die zitierten Stellen bei J.W. Hoffmann 1, S. 42)
177 HHStA Wien, RK Rig 36, fol. 23r-25r; J.W. Hoffmann 1, S. 44–46 (Hervorhebung von mir).
Die Formulierungen im Mainzer Protokoll (MEA WuKA 4, fol 214r-215v) weichen etwas ab;
ich ziehe hier die Fassung der königlichen Kanzlei vor, weil sie zeigt, was „angekommen“ ist.
178 Zitiert nach Goldast, Reichshändel, S. 162; die zuerst zitierte Klausel ist im Mainzer Entwurf am
Rand nachgetragen (HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 28v). Vgl. dazu die Bemerkung Joachims
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien