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Kapitel 3: Die Übernahme des Kaisertums
1556/58246
Schon bei geringster Andeutung einer Interpretation als „Krönung“ hätte sich
der Kölner Erzbischof widersetzt und widersetzen müssen, aber Anton von
Köln hat keinen Anlaß dazu gesehen229. Auch sollte man beachten, daß diese
„Bekleidung“ weder in dem Programm der Kurfürsten noch in den Diskussio-
nen darüber eigens erwähnt worden ist230. Allerdings hat die weitgehende
Übernahme des Zeremoniells, das für die Proklamation eines neu gekorenen
Königs üblich war, den Boden bereitet für die Umdeutung des Vorgangs zu
einer Wahl. Sie ist schon im nächsten Jahr in einem Votum der Räte der prote-
stantischen Kurfürsten faßbar: In einer Stellungnahme zur Auseinandersetzung
Ferdinands mit dem Papst über die Anerkennung seines Kaisertums sprechen
sie von der „kaiserlichen whall“ zu Frankfurt, „wie im hlg. röm. reich herkom-
men“231.
Ferdinands „Anderer Fürtrag“ in Frankfurt
Schon in seiner Begrüßungsansprache in Frankfurt hatte Ferdinand den Kurfür-
sten mitteilen lassen, er habe die Zusammenkunft mit ihnen auch gewünscht,
um über allerlei besorgniserregende Umtriebe im Reich und drohende Gefah-
ren von außen beraten zu können232. Die längere Ausarbeitung, die er ihnen
dazu zehn Tage später vorlegte233, markierte in sehr unterschiedlicher Ausführ-
lichkeit, was Ferdinand als bedrohlich für Frieden und Sicherheit des Reiches
einschätzte und mit seinen politischen Möglichkeiten und materiellen Kräften
allein nicht abstellen zu können glaubte. Wie er selbst sich die Lösung der Pro-
bleme dachte, ließ er allenfalls andeutungsweise durchblicken. Wegen dieser
Andeutungen jedoch lohnt es sich, auf seinen „anderen Fürtrag“234 einzugehen,
denn er dokumentiert, wie sehr Ferdinand sich der engen Grenzen bewußt war,
die seiner Aktivität im Reich gezogen waren.
von Seldeneck in Vertretung Ottheinrichs den Reichsapfel, um sie beim Gang auf das Podest
dem König voranzutragen (ebda, fol 52r). Hierin richtig Reuter-Pettenberg, S. 11.
229 Abwegig Dotzauer, Ausformung, S. 60: Der von ihm mißdeutete Protest des Kölners richtete
sich gegen die Bezeichnung der Stadt Köln in der „Obligation“ als Reichsstadt. „Erweg das ste-
het konig seye in des heyl. reichs stat Coln gewelet. Da protestieren sie, das solchs an ires hern
habenden gerechtigkeit kein nachthail geperr.“ (HHStA Wien, MEA WuKA 4, fol 258r)
230 Es heißt, offenbar allgemeines Einverständnis voraussetzend, „in welcher Kammer was zu ver-
richten noch bevorstünde, verricht werden möchte“ (zitiert nach Kleinheyer, S. 152). Das waren
das Anlegen der Ornate, die man ja nicht schon in den Quartieren anziehen konnte, und Ferdi-
nands Eidesleistung auf die neue Obligation, über deren Notwendigkeit und Ausmaß („leibli-
cher Eid“ oder „Handgelübde“) des längeren zwischen den Kurfürsten diskutiert worden war.
231 HHStA Wien, MEA WuKA 3: Stellungnahme der Kurfürsten v. 15.8.1559, 15 Seiten, unfoliiert
[S. 10].
232 Goldast, Reichshändel, S. 950
233 Am 7.3. baten die Kurfürsten um Mitteilung der dem König wichtigen Punkte, damit sie darüber
beraten könnten. Ferdinand versprach, noch am selben Vormittag die schriftliche Fassung der
Mainzer Kanzlei zuzustellen (HHStA Wien, MEA WuKA 4 (alt 2), fol 213r).
234 Ich zitiere nach der Abschrift in HHStA Wien, RK Rig 36, fol 47r-66v [künftig nur fol und
Ziffer]; Konzept ebda, RK RTA 41; Abschrift ebda, MEA WuKA 4, fol 48r-66v
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien