Page - 260 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Image of the Page - 260 -
Text of the Page - 260 -
Kapitel 4: Der Streit mit Papst Paul IV. – Neue Begründung des
Kaisertums260
derung einer lediglich an den Römischen König adressierten Botschaft nicht
zuzumuten; er erreichte die Zusage, daß der Papst seine Antwort mit einem
eigenen Gesandten nach Wien schicken werde33.
Ein geordnetes Verhältnis zur Kurie, an dem Ferdinand aus mancherlei
Gründen gelegen sein mußte, schien also einstweilen unerreichbar, stattdessen
sah er sich zur Abwehr gezwungen. Natürlich war es unter der Würde Ferdi-
nands, sich in Rom gegen die päpstlichen Attacken auf seine Person zu verteidi-
gen. Die Wiener Strategie zielte vielmehr darauf, die Würde des Reiches, die
durch die päpstliche Mißachtung seines neuen rechtmäßigen Oberhauptes ver-
letzt war, sowie seine bedrohten Rechte in den Mittelpunkt der Abwehr zu
rücken und die mitbetroffenen Kurfürsten kollektiv einzubinden. Dazu gehörte
die Betonung der Königswahl Ferdinands von 1531 und ihrer Anerkennung
durch Papst Clemens VII. Darüber hinaus hat die Provokation aus Rom Ferdi-
nand und seine Berater genötigt, die Stellung des Kaisertums in der durch die
Reformation veränderten Welt neu zu überdenken34. Die damals entstandenen
Gutachten und Verlautbarungen ermöglichen eine Untersuchung der „Kaiseri-
dee“ Ferdinands.
Umgehend nach Gúzmans Rückkehr informierte Ferdinand den Erzbischof
von Mainz über die Brüskierung seines Vertreters und die Verwerfung des
Frankfurter Staatsaktes durch den Papst35. Obwohl das Schreiben so stilisiert
ist, als ob der Kaiser die Nachrichten über die päpstliche Haltung nicht glauben
könne – offiziell war sie ihm ja noch nicht mitgeteilt worden – bzw. sie auf
unzureichende Unterrichtung des Papstes zurückführe, skizziert es bereits die
wichtigsten Aspekte der Verteidigung: Weder sei durch die Resignation seines
Bruders Karl oder durch seine eigene „annemung und underfahung der admini-
stration“ oder durch die Kurfürsten etwas dem Heiligen Stuhl Abträgliches
geschehen, noch handele es sich um eine neue Wahl, vielmehr sei es billig, wenn
der Papst die Konfirmation der Wahl von 1531 durch seinen Vorgänger Cle-
mens VII. nicht in Frage stelle. Der Kaiser ersuchte den Reichserzkanzler vor-
sorglich, „dieweil ... an dieser sachen nit allain uns, sonder auch der vorigen
Rho. Khay. Mt. ... und dann auch gemain stend des heilligen reichs , furnem-
blich aber unsern und des heilligen reichs Churfursten trefflich vill gelegen sein
will“, in der Registratur seiner Kanzlei nach Urkunden und Akten zur Wahl
von 1531 nachzuforschen „und darunder auch sonderlich, was von bemeltem
babst Clemendem dem sibenden solcher wall halben befunden wirdt“, und
davon Abschriften zu übersenden, außerdem auch Unterlagen zu den Konflik-
33 Nach dem Bericht des von Gúzman selbst informierten Gesandten Venedigs in Wien v.
13.8.1558 (VD 3, S. 52f); vgl. Reimann, Paul IV., S. 30f. Nichts deutet darauf hin, daß Gúzman
zugestanden hätte, der Kaiser könne nicht von Häretikern gewählt werden, wie Fichtner, Ferdi-
nand I., S. 228, behauptet.
34 Repgen, Kurie 1, S. 85 Anm 121, bemerkt, daß sich in der Auseinandersetzung zwischen Paul
IV. und Ferdinand I. „die nachreformatorische Reichs- und Kaiseridee zum ersten Mal klar ma-
nifestiert“.
35 F. an den Erzbischof von Mainz, 12.8.1558 (HHStA Wien, MEA WuKA 3, fol 2r-3v, die Zitate
fol 3r u. 3v).
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
back to the
book Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V."
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien