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Kapitel 7: Kaiser Ferdinand und die dritte Tagungsperiode des
Tridentinums448
solche Veranstaltung im Reich stattfinden solle, dem Kaiser. Selds abschließen-
de Empfehlung, den Brandenburger auf diese Probleme hinzuweisen, ist an-
scheinend nicht befolgt worden; der Geheime Rat hörte in seiner ersten Bespre-
chung nur den Vortrag Selds und eine Ergänzung von Zasius, traf aber keine
Entscheidung233, und das Projekt taucht danach nicht mehr auf. Die Hoffnung
Borromeos auf einen Antrag des Kaisers, das Konzil zu schließen234, erfüllte
sich nicht.
Um so bedeutungsvoller für die Konzilspolitik Ferdinands wurde der Tag
nach der Wahl Maximilians. Am 25. November überreichten die in Frankfurt
anwesenden evangelischen Kurfürsten und Fürsten dem Kaiser eine Erklärung,
daß sie eine Beschickung des Konzils in Trient ablehnten und mit vom „Römi-
schen Bischof“ einberufenen Versammlungen nichts zu tun haben wollten235.
Sie beruhte auf den Beratungen in Naumburg und zweier Folgetreffen236. Inter-
essanter als die in aller Breite wiederholte Polemik gegen das päpstliche Konzil
ist der Versuch, dem Kaiser zu suggerieren, ein „richtiges“ Universalkonzil
müsse von ihm selbst – und zwar im Einvernehmen mit den Reichsständen und
anderen christlichen Potentaten – nach dem Vorbild der spätrömischen Kaiser
von Konstantin bis Justinian „angestellet und ins werck gesetzt“ werden, denn
nur den Kaiser „wir vor unsere einige von Gott gegebene Obrigkeit erken-
nen“237.
Damit war die eine wesentliche Komponente der Konzeption Ferdinands für
das Konzil endgültig zerschlagen, sein großes Ziel, die Spaltung in der Chri-
stenheit zu überwinden, blieb auf diesem Weg unerreichbar. Ferdinand er-
kannte die Tatsache an, indem er in seiner kurzen Erwiderung versicherte, er
werde den Religionsfrieden auch in Zukunft halten, „die sache erreiche gleich
welchen weg es wolle“, erwarte aber, daß die Protestanten sich ebenso verhiel-
ten238, und Delfino über den Vorgang unterrichtete, der dem Nuntius ohnehin
nicht verborgen geblieben wäre239.
Der Kaiser in Innsbruck: Priorität für die Konzilspolitik
Für die Konzilspolitik Ferdinands bedeutete die unmißverständlich endgültige
Absage der Protestanten an das Trienter Konzil eine Zäsur. Künftig war es
sinnlos, den Gang der Dinge in Trient noch mit dem so oft eingesetzten Argu-
ment, die Teilnahme von Evangelischen dürfe nicht durch dogmatische Ent-
scheidungen versperrt werden, beeinflussen zu wollen. Doch blieb das Ziel,
Reformen in der Kirche durchzusetzen, um dem weiteren Abfall vom katholi-
233 HHStA Wien, RHRP 20b: Eintrag zum 10.11.1562, zitiert NB II 3, S. 143
234 NB II 3, S. 144: Weisung an Delfino, 14.11.1562
235 Gedruckt bei Goldast, Reichshändel, S. 744ff
236 Heppe 1, S. 489
237 Aus dem Begleitschreiben zu der Erklärung (Goldast, Reichshändel, S. 744 u. S. 746)
238 BHStA München, KÄA 4308, fol 70r/v: Ferdinands Resolution v. 28.11.1562 (Druck bei Heppe
1, Beilage Nr. XLV, S. 166f)
239 NB II 3, S. 154f: Delfino an Borromeo, 11.12.1562
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien