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Der Kaiser in Innsbruck: Priorität für die Konzilspolitik 449
schen Glauben entgegenzuwirken. Die Konvergenz mit Frankreich in diesem
Punkt hatte in der letzten Zeit bereits zu engerer Zusammenarbeit gefĂĽhrt.
Eben jetzt zeigte auch Philipp II. mehr Bereitschaft zur Kooperation in Trient.
Nach dem AbschluĂź der Erhebung Maximilians fĂĽhrte Ferdinand seine Absicht
aus, seinen Aufenthalt in Innsbruck zu nehmen. Zweifellos, um schneller auf
die Ereignisse in Trient reagieren und sie dadurch eher beeinflussen zu können;
wahrscheinlich auch, um den beunruhigenden römischen Plänen, das Konzil in
Kürze zu beenden, besser entgegenwirken zu können. Durch Ferdinands Auf-
enthalt in Tirol wird eine besondere Phase seiner konzilspolitischen Aktivität
markiert. Ihren Höhepunkt bedeutete der außerordentliche Schritt, als Kaiser
öffentlich an den Papst zu appellieren, die Kirchenreform sei die vordringlichste
Aufgabe der beiden Häupter der Christenheit, die sie gemeinsam mit dem Kon-
zil und durch das Konzil zu bewältigen hätten. Am Ende stand – nach persönli-
chen Verhandlungen zwischen Ferdinand und dem neuen Konzilspräsidenten
Morone – die scheinbare Verständigung über die vom Konzil noch zu bewälti-
genden Aufgaben.
Nachdem der Dissens mit Philipp II. ĂĽber die Kontinuation des Konzils
ĂĽberbrĂĽckt war, intensivierte Ferdinand das BemĂĽhen, den Neffen fĂĽr gemein-
sames Vorgehen in zentralen Fragen zu gewinnen. Ein wesentliches Motiv war
die Erfahrung, daß des öfteren die eigenen Absichten in Trient auf Widerstand
bei den spanischen Prälaten trafen. Ein Ansatzpunkt des Kaisers war die Kritik
am alleinigen Propositionsrecht der Legaten. Im Sommer hatte sich diese vom
Konzilspräsidium konsequent gehandhabte Regelung als das entscheidende
Instrument zur Blockierung des Reform-Libells erwiesen. Weitere Aspekte, die
Gúzman dem spanischen König abermals zu erläutern hatte, waren das Anlie-
gen, der Reform der Kirche in den Konzilsberatungen Priorität zu verschaffen,
und im Zusammenhang damit die Abhängigkeit der Konzilsarbeit von Weisun-
gen aus Rom einzudämmen – das wurde mit „Freiheit des Konzils“ umschrie-
ben. Im Oktober erhielt Gúzman grundsätzlich zustimmende Antworten240. Zu
dem brisantesten Punkt, dem Propositionsrecht der Legaten, ergriff Philipp
sogar die Initiative. Er unterrichtete den Kaiser von einer Demarche beim
Papst, diese die Freiheit des Konzils beeinträchtigende Praxis aufzugeben, die
mit fadenscheiniger BegrĂĽndung abgelehnt worden sei, und schlug gemeinsa-
mes Vorgehen der Konzilsgesandten aller weltlichen Mächte vor241; die Könige
von Frankreich und Portugal lud er wenig später zur Teilnahme ein242. Außer-
dem teilte er dem Oheim die GrundzĂĽge der Instruktion mit243, nach der Graf
Luna, der seit längerem als ständiger Orator der spanischen Krone beim Konzil
ausersehen war, dort agieren sollte244; auch darin war die Rede von ständigem
240 HHStA Wien, Spanien, Dipl. Korr. 6, fol 229r-230v und 239r-240v: GĂşzman an F., 10.10. und
24.10.1562 (Or.); ebda, fol 242r/v ein zweites Schreiben v. 24.10.1562 (Auszug bei Sickel, Konzil,
S. 393f)
241 CDI 2, S. 562ff: Philipp an F., 20.10.1562
242 Döllinger 1, S. 471f: Mitteilungen Albas an Vargas, 14.12.1562
243 GĂşzman hatte darum gebeten (wie Anm. 240, fol 239r).
244 Zu Luna gibt es – so weit ich sehe – noch keine Studie; der Beitrag von Fernandez Alonso, El
Conde de Luna, stellt nur zusammen, wo Quellen zu finden sind.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂĽnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien