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Vorgeschichte und Problematik des Vorhabens 577
mählt hatte44. Für die Nachfolge im Kaisertum kam er darum nicht mehr in
Betracht45. Seitdem war dem Vater klar, daß nur Maximilian den Verbleib der
Kaiserwürde bei der Casa d’Austria sichern konnte. Statt seiner den jüngsten
Sohn, den dreizehn Jahre jüngeren Karl, als Nachfolger zu präsentieren, wäre
ein illusionäres Unterfangen gewesen.
Weil jene Ehe noch jahrelang strikt geheim gehalten wurde, blieb Erzherzog
Ferdinand ein Faktor in allerlei dynastischen Kombinationen, die damals im
politischen Geschäft von erheblicher Bedeutung waren und Diplomaten und
Hofleute sehr zu interessieren pflegten. Ebenso blieb Raum für Gerüchte, der
Kaiser wolle diesen Sohn anstelle Maximilians zum Römischen König wählen
lassen. Ein erfahrener Politiker wie der Bischof von Arras glaubte freilich nicht
daran46, und Maximilian konnten sie, seit er in die geheime Ehe seines Bruders
eingeweiht war (Ende 1560?), auch nicht beeindrucken47.
Es ist sicher kein Zufall, daß die Klagen Maximilians über verstärkten Druck
des Vaters gegen Ende des Jahres 1559 zunahmen48, als sich in Wien die Hoff-
nung auf Normalisierung der Beziehungen zur Kurie stabilisierte. Im Frühjahr
1560 setzte Ferdinand die endgültige Entlassung des Predigers Pfauser aus Ma-
ximilians Diensten durch49. Das hatte den Vorteil, daß der Sohn nicht mehr
ständig unter dem Einfluß dieser Persönlichkeit stand und in seinem Konflikt
mit dem Vater geistliche Ermutigung erfuhr, und es war nötig, weil wieder ein
Nuntius an Ferdinands Hof kommen sollte, der die Entfernung des anstößigen
Predigers natürlich registrieren sollte. Man kann sich unschwer vorstellen, daß
die Kritik, die sich die beiden ostdeutschen Kurfürsten wegen der Entlassung
Pfausers erlaubten50, von Ferdinand als Einmischung empfunden worden ist
und ihn nicht nachgiebiger gestimmt hat.
Andererseits verfolgte Ferdinand gegenüber Rom den Kurs, die dort gegen
Maximilian erhobenen Vorwürfe als üble Nachrede zurückzuweisen und den
Sohn mit dem Zeugnis in Schutz zu nehmen, bisher sei er nicht vom katholi-
schen Glauben abgewichen51, sowie seine Sympathie für die neue Lehre auf
einen einzigen Aspekt, nämlich die Abendmahlsfrage, zu reduzieren. Schon zu
Beginn des Pontifikats Pius’ IV. beantragte er die Kommunion unter beiderlei
44 Näheres zum Zeitpunkt s. Kapitel 10, S. 713
45 Holtzmann, S. 348, hat diesen Umstand gänzlich unberücksichtigt gelassen, ebenso Rudersdorf,
S. 84.
46 Weiss 6, S. 319f; Arras an Philipp II., 24.5.1561; vgl. Walter, S. 26
47 Die von Holtzmann, S. 367, aufgestellte Behauptung, Ferdinand habe ernstlich erwogen, Maxi-
milian die böhmische Königswürde zu entziehen (übernommen von Bibl, Maximilian II., S. 90),
ermangelt eines stichhaltigen Belegs. Die Ableitung aus den Streichungen in NB II 1, S. 420f,
überzeugt nicht; da es sich um die Umarbeitung einer testamentarischen Verfügung zu einem
Schreiben an den Papst handelte, hatten die Anweisungen an Maximilian in seiner Eigenschaft
als König von Böhmen darin keinen Platz mehr.
48 Dazu Meyer, Briefwechsel, S. 140f u. S. 144f; v. Weber, S. 323ff; Hopfen, S. 47f
49 Bucholtz 7, S. 502
50 HHStA Wien, RK Rig 42a (unfol): Antwort der Kurfürsten August und Joachim sowie des
Markgrafen Hans von Küstrin vom 1.3.1560 auf die Werbung des kaiserlichen Gesandten Has-
senstein.
51 So in dem Scipio Arco mitgegebenen „Memoriale secretius“, gedruckt in den Litterae secretio-
res, S. 12–16, danach bei Le Plat 4, S. 621ff.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien