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Kapitel 9: Die Sicherung der Nachfolge im
Reich578
Gestalt für Maximilian52. Zur Begründung erklärte Ferdinand, der ja ohnehin
das Nachgeben der Kirche in dieser Frage für vertretbar bzw. für unumgänglich
hielt, es sei fĂĽr Maximilian eine Gewissensfrage, und appellierte an den Papst,
den Sohn nicht an Trost und Hilfe der Kirche verzweifeln zu lassen; er argu-
mentierte, es handele sich ja nur um eine Frage des positiven Rechtes, die der
Papst allein entscheiden könne, und erinnerte daran, diese Konzession sei wäh-
rend des Pontifikats Pauls III. dem ganzen deutschen Reich – er meinte das
Interim – und schon des öfteren dem Königreich Böhmen gewährt worden.
Anscheinend war er persönlich davon überzeugt, daß durch diese Vergünsti-
gung das entscheidende Glaubensproblem Maximilians beseitigt und damit
seiner Neigung zur evangelischen Lehre abgeholfen werden wĂĽrde53. Und er
hatte AnlaĂź, mit der Bewilligung zu rechnen, denn ihm lagen Meldungen vor,
nach denen sich der neue Papst als Kardinal aufgeschlossen fĂĽr den Gedanken
geäußert hatte, den Deutschen den Laienkelch zu gewähren54.
Aus den Berichten des neuen Nuntius Hosius über seine ersten Gespräche
mit dem Kaiser läßt sich deutlich Ferdinands Enttäuschung über das fehlende
Entgegenkommen der Kurie erkennen, denn er unterstellte Hosius, den Dis-
pens nur aus taktischen GrĂĽnden zurĂĽckzuhalten, versuchte, ihm die Konzessi-
on mit dem Hinweis zu entlocken, es sei sonst zu befĂĽrchten, daĂź Maximilian
„eine Torheit“ begehen würde55, und merkte zudem an, sein Sohn warte nur auf
jene Erlaubnis, nicht auf theologische Belehrung, die Hosius beabsichtigte.
Bereitwillig gab der Kaiser bei nächster Gelegenheit das Argument seines Soh-
nes weiter, einer Dame in Spanien sei doch kĂĽrzlich auch der Kelch gestattet
worden, und kam in späteren Gesprächen auf das Anliegen zurück56.
Ăśberhaupt hat Ferdinand dem Nuntius keineswegs so rĂĽckhaltlos sein Herz
ausgeschüttet, wie dieser wohl glaubte57. Mit seinen Eröffnungen, was er alles
getan habe, um den Sohn auf den rechten Weg zu bringen – Hosius notierte, der
Kaiser habe ihm drei Stunden lang eigenhändig geschriebene Papiere vorgelesen
– und der abschließenden Frage „num feci satis officio meo?“58 erreichte er von
dem Vertreter des Papstes in der Antwort, er habe getan, „quod a patre Catho-
lico factum oportuit“, die Bestätigung dafür, daß etwaige Defizite im Glauben
Maximilians nicht ihm zur Last zu legen seien; diesen von Paul IV. erhobenen
Vorwurf hatte Rom bis dahin noch nicht zurĂĽckgezogen! Sehr bald erkannte
52 Ferdinands Antrag ebda, S. 7–11 (danach bei Le Plat 4, S. 618ff); sein eigenhändiges Begleit-
schreiben an den Papst v. 6.3.1560 ediert von Schlecht, S. 25–27, Inhaltsangabe ebda, S. 6. – Zur
Zeit Pauls IV. wäre ein derartiger Antrag fatal gewesen.
53 Sofern Maximilian den Vater um die Erlaubnis zur Kommunion sub utraque gebeten hat, wie
Ferdinand behauptete, wäre seine Annahme begreiflich. Dafür spricht auch Maximilians Behar-
ren auf diesem Punkt, als es um seine Krönung in Ungarn ging.
54 Sickel, Konzil, S. 17f (Nr. 12 und Nr. 13)
55 NB II 1, S. 21
56 Ebda, S. 22 und S. 94
57 Und etliche Benutzer des Berichtes, so der Herausgeber Steinherz (ebda, S. XLVf,) und Holtz-
mann, S. 359. Von seinem jĂĽngsten Biographen wird Hosius als in diplomatischen Verhandlun-
gen „naiv“ bezeichnet (Wojtyska, Hosius, S. 145).
58 Ebda, S. 21; den Grund für die langwierige Verlesung – Hosius konnte des Kaisers Schrift nicht
lesen – wird man ihm gern glauben.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂĽnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien