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Kapitel 9: Die Sicherung der Nachfolge im
Reich582
er mit dem Hinweis beiseite geschoben, die Krönung könne auch in Deutsch-
land durch einen Kardinal vollzogen werden81.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die Verhandlungen mit den Kurfürsten
in einem vorentscheidenden Stadium. Ferdinands Reaktionen lassen erkennen,
daß er durch Commendones Bemerkungen den neuralgischen Punkt des bisher
für die Habsburger erfolgversprechend verlaufenen Unternehmens getroffen
sah. Wenn er einräumte, er wisse nicht, wie er diesen gewichtigen und „kützli-
chen“ Einwand, den er selbst schon bedacht habe, überzeugend unschädlich
machen könne82, so konnte es doch nur bei jenen Partnern Schwierigkeiten
geben, die Commendones Kritik Gewicht zuerkennen würden, und das konn-
ten nur die geistlichen Kurfürsten sein, nachdem die drei evangelischen die
Krönung durch den Papst schon 1558 für obsolet erklärt hatten. Wie eine Mu-
sterung der Argumente Ferdinands ergibt, war seine Hauptsorge, es könnte
Rom auf diese Weise noch gelingen, einen Keil zwischen ihn und die katholi-
schen Kurfürsten zu treiben. Wenn er Commendones Vorschlag, die Krönung
in Deutschland vorzunehmen, mit der Begründung ablehnte, das wäre nicht
feierlich genug83, konnte das nur jemand einleuchten, der dem Akt noch Be-
deutung beilegte. Zweifellos war es kaum eine eigene Befürchtung, sondern eine
Schutzbehauptung gegenüber den Erzbischöfen, seine Krönung werde bei den
weltlichen Kurfürsten „zu der Haupt-Sach mehr Verhinderung dann Förderung
gebähren“84. Und wenn er neue Gutachten bei Gienger und Gundelius bestell-
te, welche die Zulässigkeit der Wahl vivente imperatore trotz fehlender Krö-
nung behandeln sollten85, so bedurften die Protestanten dieser Deduktionen
sicher nicht. Warum Ferdinand nicht sogleich auf die in den Memoranden von
1558 begründete Verneinung jeden relevanten Anteils der Kurie an der deut-
schen Königswahl zurückgegriffen hat, ist nicht recht ersichtlich; allerdings war
in ihnen das jetzige Problem nicht erörtert worden, weil sie von der Bestätigung
der Wahl Ferdinands durch Clemens VII. ausgegangen waren. Daß seine Ge-
sandten beim Erzbischof von Mainz dessen Anregung, die Habsburger sollten
sich beim Papst um die Wahl befürwortende Breven bemühen, zurückgewiesen
und argumentiert hatten, die Päpste hätten mit dieser Wahlsache „nichts zu
thun“ und würden sich ohnedies „gern darein vermischen, ingeriren und mit
gewalts, wan sy nur khündten, anmassen“86, fand seinen vollen Beifall87. Er-
freulicherweise konnten sie vom Kölner Kurfürsten berichten, er habe jene
Auffassung Roms zwar erwähnt, aber selbst betont, sie stimme mit der Golde-
nen Bulle nicht überein88.
81 Moser, Wahlkapitulation, S. 670f; Reimann, Königswahl, S.4
82 „...befinden wir denselben, wie er dann zuvor auch bey uns bedacht worden, gantz beschwerlich
und kützlich. Also wo derselbe auf die Bahn kommen sollte, wissen wir nicht, wie denselben
füglich zu remediren“ (Moser, ebda, S. 678: aus Ferdinands Schreiben an Helfenstein und Zasius,
Prag, 12.3.1562; vgl. Reimann, Königswahl, S. 5).
83 Moser, ebda; vgl. Walter, S. 47
84 Moser, ebda, S. 679
85 Moser, Wahlkapitualtion, S.684: F. an Maximilian, 12.3.1562
86 HHStA Wien, RK WuKA 3, fol 335v: Aus dem Bericht von Helfenstein und Zasius v. 4.4.1562
87 Moser, Wahlkapitulation, S. 758; vgl. Goetz, Wahl, S.129f
88 Moser, Wahlkapitulation, S. 772
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien