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Vorgeschichte und Problematik des Vorhabens 583
Die Aufregung am Kaiserhof legte sich bald wieder, als sich ergab, daß das
Monitum Commendones keinen politischen Schaden angerichtet hatte. Ende
März 1562 schlug Maximilian seinem Vater vor, nach Abschluß der gerade lau-
fenden Verhandlungsrunde mit den Kurfürsten den Papst vertraulich zu infor-
mieren89. Die Anregung fand in Ferdinands Geheimem Rat Zustimmung90. Da
man nun davon ausgehen mußte, daß Rom von der Angelegenheit wußte,
dürfte das Kalkül gewesen sein, auf diese Weise Haltung und Informationsstand
des Papstes zu beeinflussen, vielleicht auch seine Stimmung auszuloten; dafür
spricht, daß der eigene Gesandte in Rom, Graf Prospero Arco, diese Aufgabe
übernehmen sollte, obwohl der Nuntius Delfino gerade in diesen Wochen eine
Versicherung des Papstes überbracht hatte, den Kaiser bei der Nachfolgerege-
lung unterstützen zu wollen91. Nachdem die Antworten aller Kurfürsten auf die
ihnen gerade vorgetragene Anfrage wegen eines Kurfürstentages eingegangen
waren, die mehrheitlich positiv lauteten, wurde eine Weisung an Arco ausgear-
beitet und Maximilian zur Stellungnahme übersandt92. Der konkrete Stand der
Dinge wurde darin allerdings nicht enthüllt, Ferdinand wollte dem Papst nur
mitteilen, demnächst solle wegen der Wahlhandlung ein Treffen der Kurfürsten
stattfinden, an dem er und Maximilian teilzunehmen gedächten93. Delfino ließ
man unter der Hand die Nachricht zukommen, man wolle die Kurie durch
Arco informieren94, womit man bezweckte, ihm zur Sache keine Auskunft ge-
ben zu müssen. Wohl ganz kurz danach muß am Kaiserhof Arcos Meldung von
den kritischen Äußerungen eingegangen sein, die der Papst persönlich darüber
gemacht hatte, daß ein Kurfürstenkonvent zur Wahl Maximilians abgehalten
werden solle, obwohl Ferdinand noch nicht gekrönt sei95. Folge des alarmie-
renden Berichts war, daß die offizielle Unterrichtung des Papstes unterlassen
wurde, um keine unliebsame offizielle Antwort Roms zu provozieren. Am 16.
Juni wurde im Geheimen Rat die Verschiebung „usque ad mensem qui precedet
profectionem Frankfurtensem“ beschlossen96. Arco verhielt sich ganz im Sinne
dieser Entscheidung, wenn er bis zum Oktober jede Kenntnis über den Stand
der Wahlverhandlungen ableugnete, selbst nachdem er den Papst über die An-
setzung des Kurfürstentages hatte informieren müssen97. In Rom, wo man
durch Delfino schon länger Bescheid wußte, hat man anscheinend begriffen,
89 Das ergibt sich aus Ferdinands Schreiben an Maximilian v. 6.5.1562 (Sickel, Konzil, S. 297f).
90 HHStA Wien, RHRP 20b: Eintrag zum 5.4.1562; zitiert NB II 3, S. 49
91 NB II 3, S. 29: Weisung für Delfino v. 18.3.1562. Die Ausführung ergibt sich aus dem Entwurf
der Weisung für Arco (s. nächste Anm.).
92 Teildruck und Inhaltswiedergabe in NB II 3, S. 50
93 Das hatte Delfino längst gemeldet (NB II 3, S. 34: Bericht v. 6.4.1562).
94 Ebda, S. 48: Bericht Delfinos v. 11.5.1562
95 Sickel, Konzil, S. 293: Bericht Arcos v. 22.4.1562, laut Rückvermerk spätestens am 11.5. am
Kaiserhof bekannt.
96 HHStA Wien, RHRP 20b; zitiert NB II 3, S. 50. Die vor diesem Band der Nuntiaturberichte
erschienene Literatur hat dagegen angenommen, der Papst sei in der geplanten allgemeinen Wei-
se informiert worden (J. Schmid, S. 163; Walter, S. 60; Holtzmann, S. 410).
97 Am 12. und 13. August hatte der Geheime Rat wieder erörtert, ob der Papst jetzt informiert
werden sollte (HHStA Wien, RHRP 20b, zitiert VD 3, S. 214 Anm. 2); zum Verhalten des
Orators Rill, Arco, S. 25.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien