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Die Vorbereitung der Wahl 589
rechtzeitigen Regelung seiner Nachfolge aufgefordert worden. Der großartigen
Laudatio, die der Kaiser von seinen Gesandten vortragen ließ, als sie die Kur-
fürsten im November und Dezember 1561 zum zweitenmal aufsuchten, hätte
es, um sie zu überzeugen, ebensowenig bedurft wie der Versicherung, er würde
Maximilian nicht vorschlagen, wenn er ihn nicht für geeignet hielte125; beides
gehörte eben zum Ritual. Umso wichtiger war die zweite Funktion der Wer-
bung, nämlich das Verfahren einvernehmlich zu regeln, damit keiner der Her-
ren einen Formfehler entdecken und zur Blockierung des Projektes ausnutzen
könnte. Darum wurde die Verantwortung der Kurfürsten, zum Wohl des Rei-
ches dem Kaiser einen leistungsfähigen Helfer zuzuordnen, betont und damit
verdeutlicht, daß ihre ausschlaggebende Rolle in dieser Frage anerkannt werde
und es sich nur um einen Vorschlag des Kaisers handele. Ferner wurden sie
ersucht, ihre Ansicht mitzuteilen, wie „diese wichtige sach zu einer prosecution
gelangen“ könne126. An den Reichstagsplan sollten die Gesandten zwar noch
erinnern, wurden aber in einer Nachinstruktion angewiesen, bei Einwänden
nicht zu insistieren127; der wegen der Weigerung des Kurfürsten August in die-
sem Punkt unvermeidliche Rückzug sollte möglichst unauffällig geschehen.
Je nach Naturell und Einstellung zu den Habsburgern fielen die Antworten
der sechs Kurfürsten aus. Sympathie für Maximilian bekundeten alle. Joachim
II., den man durch Bezugnahme auf seine vertraulichen Gespräche mit Priß-
mann als näher Eingeweihten behandelte, votierte für Beschleunigung des Tem-
pos: Er bot abermals an, bei den anderen Kurfürsten für den kaiserlichen Vor-
schlag einzutreten, und schlug vor, für Mitte April des nächsten Jahres nach
Frankfurt einzuladen, denn längerer Verzug könne nur schaden128. August von
Sachsen erwiderte sehr förmlich, obwohl Ferdinand ihn durch die Entsendung
Selds sowie des Kanzlers der Krone Böhmen auszeichnete: Er hörte eine Ab-
sicht Ferdinands heraus, „der Regierung des Keysertumbs abstehen“ zu wollen,
und äußerte sich zur Sache nicht näher, weil das nur im Rahmen eines Kurfür-
stentages angebracht sei, den zu besuchen er sich bereit erklärte129. Seine münd-
liche Antwort war indessen ermutigend, und seine kurz darauf gemachte Be-
merkung, er sehe keine „tauglichere Person, die dem heiligen Reich mit mehre-
ren Nutz und Ehren ... vorstehen könnte“ als den König von Böhmen, gab sein
Gesprächspartner, der brandenburgische Kurprinz Johann Georg, umgehend
an die kaiserlichen Gesandten weiter130.
125 Instruktion v. 13.10.1561 zur Werbung bei den rheinischen Kurfürsten (wie Anm. 116); von den
Instruktionen für die Gesandtschaften nach Brandenburg und Sachsen (beide v. 1.11.1561) bietet
Moser nur die abweichenden Passagen (S. 576ff. u. S. 572ff.); letztere ganz gedruckt bei Goldast,
Reichshändel, S. 64–66.
126 Ein kurpfälzisches Protokoll (Kluckhohn, Briefe 1, S. 244ff) und ebenso eine Mainzer Aufzeich-
nung (HHStA Wien, MEA WuKA 4/2, fol 11v-17v) zeigen, welche Akzente im mündlichen
Vortrag gesetzt wurden.
127 Moser, Wahlkapitulation, S. 560f
128 HHStA Wien, MEA WuKA 3 (neu) fol 103r-104v: Bericht der Gesandten Rosenberg u. Priß-
mann v. 22.11 1561; die offizielle Antwort ebda. 4, fol 95r-96v (Kopie); Goetz, Wahl, S. 84f.
129 Goldast, Reichshändel, S. 66; Moser, Wahlkapitulation, S. 580–586
130 Moser, ebda, S. 590 (Prißmann an F., 5.12.1561); Goetz, Wahl, S. 83f.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien