Page - 590 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Image of the Page - 590 -
Text of the Page - 590 -
Kapitel 9: Die Sicherung der Nachfolge im
Reich590
Der Kölner Kurfürst erklärte nach einer tour d’horizon über die Reichsfür-
sten und mehrere ausländische Herrscher, von ihnen allen sei keiner Maximilian
vorzuziehen, nur die beiden jüngeren Erzherzöge hätten noch die gleiche Eig-
nung, aber da solle man doch dem Ältesten die Ehre lassen131. Es wurde deut-
lich, daß er jedem Verfahren zustimmen würde, doch riet er, man möge sich um
eine unterstützende Erklärung Philipps II. bemühen. Auch von ihm wurde
berührt, was in den Gesprächen mit den Kurfürsten in Trier und Mainz ein
Hauptpunkt gewesen war: Zweifel an Maximilians Treue zur katholischen Kir-
che, insbesondere an seiner Bereitschaft, die geistlichen Stände engagiert und
wirksam zu schützen. Zwar waren alle drei Erzbischöfe im Sommer von dem
kaiserlichen Hofprediger Sitthard besucht worden, der ihnen beruhigende Er-
klärungen über die religiöse Gesinnung des böhmischen Königs gegeben, insbe-
sondere die Gefahr eines Übertritts zur „anderen Partei“ verneint und – bei
Daniel von Mainz nicht ganz erfolglos – um Verständnis für Maximilians Hal-
tung in der Abendmahlsfrage geworben hatte132. Doch trotz der eingehenden
Verteidigung der religiösen Ansichten Maximilians durch die Gesandten, die
sich auf der offiziösen Linie des Kaiserhofes bewegte, wünschte der Mainzer
nicht nur zur eigenen Vergewisserung, sondern damit die geistlichen Kurfürsten
ihr Handeln vor den anderen katholischen Fürsten und Ständen besser verant-
worten könnten, eine schriftliche, geheim zu haltende „Nebenassekuration“
über diesen Punkt, und zwar umgehend, damit die „Hauptsache“ dadurch nicht
aufgehalten würde133. Ebenso wollte der Erzbischof von Trier seine Bedenken
nur gegen eine „ziemliche Assekuration“ zurückstellen. Von ihm kam – so
kaum vorhergesehen – die schärfste Kritik, als er ausführte, wenn man ein
Haupt erwähle, dem an der Erhaltung des geistlichen Standes wenig gelegen sei,
werde das zu weiterer Zerrüttung des Reiches führen134. Kein Wunder, daß die
Gesandten diese Äußerungen ihrem zur Post gegebenen ersten Bericht nicht
anvertrauen mochten. In der Verfahrensfrage enthielt sich Johann von Trier
einer Empfehlung, während Daniel von Mainz sich für einen Reichstag aus-
sprach, also für den Weg, den August von Sachsen bereits versperrt hatte. Ge-
gen den Kurfürstentag zum Zweck der Königswahl machte er verfassungs-
rechtliche Bedenken geltend, insbesondere meinte er, nur im Falle der Erledi-
gung des Throns zur Einberufung befugt zu sein; von einer Einladung durch
131 Hierzu und zum Folgenden: HHStA Wien, RK RTA 45/3, fol 20r-37v: Geheime summarische
Relation von Helfenstein und Zasius über ihre Werbung (undatiert, wohl im Januar 1562 ver-
faßt), hier fol 32r/v. Der Mainz betr. Teil gedruckt bei Krause, S. 96ff (mit falscher Bestandsan-
gabe). Entgegen der Angabe von Goetz, Wahl, S. 101 Anm. 1 hat die Aufzeichnung auch ein
Kapitel über die Werbung bei Pfalz (ab fol 35r). – HHStA Wien, RK WuKA 3 (neu), fol 132r-
140v und fol 124r-128v: Berichte von Helfenstein und Zasius v. 14.12.1561 (über Trier und
Köln) bzw. v. 30.11.1561 (über Mainz); Moser, Wahlkapitulation, S. 606ff (über Köln), S. 609ff
(über Trier), S. 600ff (über Mainz).
132 Krause, S. 97. Sitthard vertrat die Meinung, die Kirche solle den Laienkelch konzedieren (Pau-
lus, Sittardus, S. 337).
133 Krause, S. 97–100
134 Geheime summarische Relation (wie Anm. 131), fol 27ff; vgl. Goetz, Wahl, S. 104
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
back to the
book Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V."
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien