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Erfolgreicher Abschluß: Der Kurfürstentag in Frankfurt 603
sem noch im Wahlraum ausgesprochen worden224, doch hatte Ferdinand schon
vorher als Zeichen seiner Annahme der Wahl seine Stimme nachträglich den
anderen hinzugefügt225. Es spricht manches dafür, Ferdinands Auftreten 1562
als eine Demonstration zu interpretieren, daß bei einer Wahl vivente imperatore
der Kaiser eben auch ein gewichtiges Wort mitzureden hatte – unbeschadet des
maßgeblichen Anteils der Kurfürsten. Ob darüber hinaus ein „Kontrollfilter“226
für den Fall der Wahl eines Nichthabsburgers geschaffen werden sollte, bleibe
dahingestellt. Die Kurfürsten haben anscheinend nichts Unbilliges an der Akti-
on gefunden, sonst hätten sie sicher nachträglich einen Protest zu Protokoll
gegeben227.
In der persönlich gehaltenen Ansprache, mit der Ferdinand seine Einwilli-
gung kundtat228, dankte er den Kurfürsten, daß sie trotz der Begehrlichkeit
anderer Potentaten seinem Sohn und dem Hause Österreich vertrauten, und
bezeichnete anschließend die Wahl als göttliche Ordnung der Dinge und Gna-
denerweis, den er selbstverständlich akzeptiere. In subtiler Weise erinnerte er so
daran, daß das Kaisertum eine von Gott eingesetzte Institution sei. Dem neuen
König legte er Kirche, Religion und die „Justitien“ besonders ans Herz. Maxi-
milian seinerseits übernahm in seiner Annahmeerklärung Elemente der väterli-
chen Auffassung vom kaiserlichen Amt, indem er betonte, wie schwer die ihm
übertragene Aufgabe infolge der Bedrohung der Christenheit durch äußere
Feinde und ihre innere Spaltung geworden sei229.
Sechs Tage später, am 30. November 1562, wurde Maximilian gekrönt. Da
alle Beteiligten aus mancherlei Gründen230 überein gekommen waren, diesen
abschließenden Akt der Erhebung zum Römischen König sogleich in Frankfurt
vorzunehmen, brauchten die Habsburger nicht zu befürchten, aus dem Abwei-
chen vom üblichen Krönungsort Aachen könne ein Anfechtungsgrund werden.
Daß die Frankfurter Krönung Maximilians der sechshundertjährigen Tradition
der deutschen Königskrönungen in Aachen das Ende setzte und eine neue Tra-
dition bis zum Ende des Reiches begründen sollte, war weder geplant231 noch
abzusehen.
Es fehlte nun noch die Krönung Maximilians zum König von Ungarn, die ei-
gentlich am Anfang der verschiedenen Sukzessionsakte hatte stehen sollen. Weil
224 Kohler, Antihabsburgische Politik, S. 183
225 Bucholtz 3, S. 586
226 Dotzauer, Ausformung, S. 71f, erwägt diesen Gedanken.
227 Dagegen erhoben sie Einspruch, als Ferdinand dem Rat der Stadt Frankfurt einen Revers bewil-
ligen wollte, daß er die in der Goldenen Bulle vorgesehenen Vorkehrungen zur Sicherheit der
Kurfürsten diesmal der besonderen Umstände wegen nicht zu erbringen brauche (J.W. Hoff-
mann 2, S. 372f).
228 HHStA Wien, MEA WuKA 5/1, fol 131r-133v
229 Ebda, fol 134r/v
230 Reuter-Pettenberg, S. 20f; Dotzauer, Ausformung, S. 72f
231 Dagegen spricht nicht, daß Kurfürst Daniel von Mainz schon im April angeregt hatte, die Krö-
nung direkt an die Wahl anzuschließen (HHStA Wien, RK WuKA 3, fol 334r). Sein Motiv
dürfte gewesen sein, die Chance zu nutzen, daß Johann Gebhard von Köln der Priesterweihe
ermangelte, als Koronator mithin nicht in Frage kam. Wenn man die Krönung in das zum Main-
zer Sprengel gehörende Frankfurt verlegte, mußte ihm als Mainzer Erzbischof jene ehrenvolle
Aufgabe zufallen.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien