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Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europäischen
Kräftespiel622
großen katholischen Mächte zu einer gemeinsamen militärischen Front gegen
die Protestanten zusammenzubringen. Ferdinand dagegen war, obwohl die für
Charakter und Beschickung des Konzils ausschlaggebenden Entscheidungen
der Kurie nicht seinen Wünschen entsprachen, darum besorgt, daß die Durch-
führung des Konzils nicht durch Eskalation internationaler Konflikte in Frage
gestellt würde. Für seine Bemühungen, die Protestanten doch noch zur Teil-
nahme am Konzil zu bewegen, waren jene Absichten des Papstes oder anderer
katholischer Herrscher keineswegs förderlich.
Schon der Frieden von Cateau-Cambrésis hatte die Protestanten nervös ge-
macht: Die beiden nun versöhnten Könige wären nicht nur zur Förderung eines
Konzils „nach den alten bepstischen gebrauch“ (was eigentlich ein Mißbrauch
sei) bereit, sondern auch dazu, seine Beschlüsse „mit der tat [zu] exequieren“,
was letztlich zu großem Blutvergießen führen werde23. Als Ende des Jahres
1559 der Koadjutor von Trient sich als Gesandter des Reiches wegen der loth-
ringischen Städte nach Frankreich begab, argwöhnte Wolfgang von Pfalz-
Zweibrücken, Zweck der Reise sei die Ausrottung der „wahren Christen“24. Im
April 1560 sorgte ein Bericht von Zasius, die Protestanten hätten Nachrichten
über geheime Verhandlungen des Herzogs von Alba „bey Frankreich wider die
Confessionisten“, in Ferdinands geheimem Rat für Aufsehen. Man beschloß,
Philipp II. „davon vertraulich anzaig zu thun“, und Zasius wurde beschieden,
der Kaiser glaube nicht daran, darum möge er künftig als persönliche Meinung
(„als für sich selb“) äußern, „das ers nit glauben wolle, seyen allain der Frantzo-
sen poss practiken“25. Tatsächlich hatte Philipp II. anläßlich der – gescheiterten
– Verschwörung von Amboise der französischen Regierung Hilfe angeboten26
und hielt sich auch in den nächsten Jahren bereit, in Frankreich zugunsten der
Katholiken zu intervenieren. Meldungen Thurms aus Rom im Juni 1560, der
Herzog von Savoyen plane die Unterwerfung der Stadt Genf und habe deswe-
gen den Papst, die Könige von Frankreich und Spanien und den Herzog von
Florenz um Unterstützung gebeten27, und zwei Monate später aus Venedig,
auch die Signorie sei um Hilfe angegangen worden mit der Begründung, daß
sich neben den genannten Potentaten der Kaiser und andere katholische Fürsten
an der Aktion zur Ausrottung jener „lutherischen Sekte“ beteiligen würden28,
waren Ferdinand sehr unangenehm, denn sie gaben dem Mißtrauen der Prote-
stanten neue Nahrung, die katholischen Mächte wollten die Beschlüsse des
23 So Herzog Christoph zum französischen Agenten Virail (Ernst, Bw. 4, S. 685f); vgl. ferner
Heidenhain, Unionspolitik, S. 65f
24 Ernst, Bw. 4, S. 718; in diesem Fall stellte schon der Briefempfänger Christoph die Sache richtig.
25 HHStA Wien, RHPR 17, fol 189r-190r: Eintrag zum 19.4.1560. Auch Maximilian beteiligte sich
am Dementieren solcher Gerüchte (Le Bret, S. 182: an Herzog Christoph, 22.5.1560; ebda, S.
204f: an dens., 20.5.1561).
26 Sutherland, Massacre, S. 23f
27 Sickel, Konzil, S. 51f
28 HHStA Wien, Venedig Berichte 6, fol 32r/v: Thurm an F., 16.8.1560: „...quoniam et summus
pontifex, Mtas. V. Caes., Rex Catholicus ac alii christianitatis principes minime deessent dicto
Duci subsidio esse ad exstirpandam pravam illam Lutheranorum sectam“.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien