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Spannungsabbau in Europa statt katholischer Ligaprojekte 623
angekündigten Konzils gewaltsam durchsetzen29. Die schließlich eindeutig
ablehnende Antwort Venedigs fand seinen lebhaften Beifall30. Dem vom Nun-
tius Commendone überbrachten Vorschlag des Papstes für ein allgemeines mi-
litärisches Bündnis, das zunächst gegen die Türken gerichtet sein sollte, erteilte
er im Januar 1561 mit der Bemerkung, es sei jetzt nicht die Zeit, über eine Liga
zu reden, sondern das Konzil zustandezubringen, eine unmißverständliche
Absage31. Der Nuntius zog aus jener Antwort zu Recht den Schluß, der Kaiser
fürchte, die Protestanten würden Rüstungen als gegen sich gerichtet ansehen32.
Folgerichtig ließ Ferdinand vor dem Naumburger Protestantentreffen Gerüchte
dementieren, er stehe in einem gegen die Augsburger Konfession gerichteten
Bündnis mit anderen katholischen Potentaten33. Die Erwiderung der protestan-
tischen Fürsten, selbstverständlich hätten sie nicht geglaubt, daß der Kaiser an
derartigen Plänen beteiligt wäre34, war in ihrer etikettemäßigen Höflichkeit ein
deutlicher Beleg für die Berechtigung dieser Sorge Ferdinands.
Commendone bestärkten seine Beobachtungen während seiner Reise zu
mehreren Reichsständen, um sie zum Konzil einzuladen, in der Ansicht, zur
Rettung der katholischen Kirche in Deutschland sei eine neue, von Philipp II.
protegierte Liga der katholischen Fürsten dringend erforderlich. Wie erwähnt
erörterte er das Thema mit dem Kurfürsten von Trier und sprach in seinem
Abschlußbericht für den Papst eine entsprechende Empfehlung aus35. Ein be-
redter Fürsprecher für ein konfessionelles Bündnis der deutschen Katholiken
war der Kardinal von Augsburg, der von Rom aus gegenüber Herzog Albrecht
ein Gleichgewicht der Stärke zur Abschreckung propagierte36. An der Kurie
wurde der Gedanke weiter erwogen und mutierte zur Planung einer internatio-
nalen katholischen Liga, die zunächst in Frankreich, das auf den ersten Huge-
nottenkrieg zusteuerte, zugunsten der Katholiken Ordnung schaffen sollte37.
Zum Jahresende ließ Karl IX. in Wien anfragen, ob Meldungen über eine Liga
zwischen Papst, Kaiser und Spanien zuträfen38.
Ferdinand hielt von diesen Absichten gar nichts. Seinen königlichen Neffen
in Spanien ließ er darauf hinweisen, wie schädlich sich die Bündnispläne des
Papstes gegen Frankreich auswirken würden, und beschwor ihn geradezu, er
möge alles vermeiden, was den Frieden zerbrechen und das Konzil, von dem
29 Im Herbst lief das Gerücht erneut um (vgl. Gachard, Correspondence 1, S. 301: Margarete von
Parma an Philipp II., 7.10.1560).
30 VD 3, S. 182
31 NB II 1, S. 193; vgl. VD 3, S. 179f: „...ha Sua Mta risposto, non esser tempo di parlar di lega, ma
di cercar si facia il concilio“ (Soranzo an den Dogen, 22.1.1561). Ein Flottenabkommen im Mit-
telmeer hatte Ferdinand allerdings selbst angeregt (s. unten S. 644).
32 NB II 2, S. 8; vgl. Reimann, Sendung, S. 243
33 HHStA Wien, RK RelA 6, fol 21r-33v: Instruktion v. 8.1.1561. Teildruck bei Sickel, Beiträge, S.
511–516; Inhaltsangabe bei Sickel, Konzil, S. 158
34 Bericht der Gesandten Ferdinands v. 8.2.1561 bei Sickel, Beiträge, S. 526–531, hier S. 528; vgl.
Reimann, Sendung, S. 250
35 NB II 2, S. 54–56
36 Goetz, Beiträge, S. 211 Anm. 1, S. 217 u. S. 238f; Siebert, S. 255ff
37 Pastor 7, S. 417f; Siebert, S. 258 mit Nachweisen
38 BN Paris, Coll. Dupuy 357, fol 87r-88v: Karl IX. an Bochetel, 29.12.1561
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien