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Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europÀischen
KrÀftespiel630
chen EinfÀllen zu konstituieren, von der auch das Reich profitiert hat92. Seit
diesem Vertrag wurde Ferdinands SĂŒdostpolitik von der Maxime beherrscht,
den Frieden durch erhöhte Bereitschaft zur Verteidigung zu sichern. Einerseits
sollte dazu der Ausbau der Befestigungen an der Grenze in Ungarn dienen.
Wenn Ferdinand andererseits in der nÀchsten Zeit das Ziel verfolgte, durch ein
Arrangement mit den Zapolya das wirtschaftlich interessante SiebenbĂŒrgen mit
dem von ihm selbst beherrschten Ungarn wieder zu vereinigen und die Rivalen
anderweitig abzufinden, war das ein Maximalprogramm. Beide Aspekte waren
sinnvoll. Ob der Sultan oder seine örtlichen Befehlshaber an der langgestreck-
ten Grenze den Waffenstillstand wirklich einhalten wĂŒrden, war ebensowenig
sicher wie eine VerlÀngerung des Abkommens nach Ablauf der Frist. Die Beile-
gung des langjÀhrigen Zwistes war politisch notwendig, denn so lange er andau-
erte, konnten die TĂŒrken immer einen Vorwand zur Erneuerung des Krieges
finden, schon bei Verhandlungen mit den SiebenbĂŒrgern bestand das Risiko;
und sie war militÀrisch vorteilhaft, um entweder das Verteidigungsglacis vorzu-
schieben oder mindestens die Flanke zu sichern.
Also bemĂŒhte sich Ferdinand, sowohl von den LandstĂ€nden seiner Erblan-
de93 und Königreiche als auch vom Reich sowie von anderen MÀchten die nöti-
gen Gelder zusammenzubringen. Indessen muĂte er die Erfahrung machen, daĂ
bei nachlassendem Druck seitens der Osmanen die Zahlungsbereitschaft allent-
halben erlahmte. Das begann bei den âHĂ€uptern der Christenheitâ: Mit Karl V.
kam es 1550 deswegen zu einem heftigen Streit, in dessen Verlauf Ferdinand
sein Engagement in Ungarn fĂŒr sich persönlich zu einer Frage von Ehre und
Gewissen machte und den Kaiser davor warnte, seine LoyalitÀt zu sehr zu stra-
pazieren94. PĂ€pste hielten ihn hin95. Die Zahlungsunwilligkeit setzte sich fort
bei den ReichsstÀnden und seinen LandstÀnden: Gerade die Ungarn verhielten
sich renitent gegenĂŒber den Forderungen des Königs, und die Ăsterreicher
versuchten immer wieder, die Bewilligung von religiösen ZugestÀndnissen ab-
hÀngig zu machen96.
Im folgenden ist etappenweise darzulegen, wie der Stand der Beziehungen
zur Pforte die Verhandlungen mit den Zapolya, in die Polen eingeschaltet wer-
den muĂte, beeinfluĂt hat und welchen Stellenwert die SiebenbĂŒrgenfrage fĂŒr
das osmanisch-habsburgische VerhÀltnis hatte.
Eine andere Lösung als einen freiwilligen Verzicht des minderjÀhrigen
ThronprÀtendenten Johann Sigismund, der mit dessen Mutter, der polnischen
Prinzessin Isabella, auszuhandeln war, erachtete Ferdinand als nicht akzepta-
bel97. Ein wichtiger Zwischenschritt schien ihm gelungen zu sein, als der neue
92 Petritsch, Friedensvertrag, S. 58
93 Dazu eingehend Schneider, Mitwirkung, passim
94 Er erklĂ€rte dem Kaiser schriftlich, âsi elle me le voulsist empecher [seinen Antrag an die StĂ€nde],
que nespere que pense, suis plus tenu a dieu, a ma conscience et a mon honneur, que a votre mai-
esteâ (Lanz, Corr. 3, S. 13).
95 Vgl. z.B. Brunner 5, S. 202ff: Ferdinands an Madruzzo v. 3.11.1547; Druffel 1, S. 440: Lasso an
F., Rom, 6.7.1550; Druffel 2, S. 174ff: Lasso an F., Rom, 28.2.1552
96 Zu dieser Tendenz statt anderer Sturmberger, S. 143
97 Dazu eingehend Huber, Erwerbung, passim
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- MĂŒnster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien