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Südostpolitik 639
mund Zapolya. Fünf Monate später wurde zusätzlich der Abzug aller Truppen
Ferdinands aus Siebenbürgen zur Bedingung gemacht159.
Die von Ferdinand zur Stellungnahme aufgeforderten Stände Böhmens, Un-
garns und Österreichs warnten sämtlich davor, das strategisch wichtige Szigeth
preiszugeben und überhaupt viel Vertrauen in den türkischen Friedenswillen zu
setzen – Mißtrauen erregten sowohl die Befristung, weil Sultan Süleyman schon
sehr alt war, als auch die gemeinsame Kommission; bei den Zahlungen wurde
Konzessionsbereitschaft empfohlen, ansonsten aber angeraten, zunächst um
günstigere Konditionen zu verhandeln, auch auf Zeit zu spielen, sich mittler-
weile der Hilfe des Reiches und anderer christlicher Herrscher zu versichern.
Bestärkt durch ihre Voten wagte es Ferdinand, die erstgenannte Forderung
beharrlich zurückzuweisen160. Es wurde schon berichtet, daß seinem Versuch,
auch von den Kurfürsten Rückendeckung zu erhalten, nur geringer Erfolg be-
schieden war. Dagegen dürfte ihn ermutigt haben, daß Philipp II. es damals in
sein Ermessen stellte, wegen einer Einbeziehung Spaniens in den Frieden zu
sondieren, wenn der vermeintliche Respekt des Sultans vor der spanischen See-
macht günstigere Konditionen ermögliche161. So blieb Ferdinand trotz etlicher
Verluste in Grenzkämpfen162 das ganze Jahr 1558 bei dieser Haltung163. Weil
die Pforte auf der Schleifung von Szigeth bestand, bewegte sich monatelang
wieder nichts164. Deshalb beantragte Ferdinand sowohl beim böhmischen
Landtag165 als auch beim ungarischen Reichstag und schließlich beim Augsbur-
ger Reichstag neue namhafte Beiträge für Verteidigungsmaßnahmen, für die er
sich einen Bedarfsplan hatte erstellen lassen166. Den Ungarn versprach er, bei
steigender Gefahr persönlich zu kommen oder sich von einem Sohn vertreten
zu lassen167. Maximilian erhielt Anweisung, die Befestigungen von Szigeth
überholen zu lassen168. Im Geheimen Rat wurde diskutiert, Busbecq abzube-
rufen, doch entschied sich Ferdinand dagegen, weil es den Abbruch der Bezie-
hungen bedeutet hätte169.
Erwähnt werden muß schließlich, daß im Frühjahr 1558 auch von den
Zapolya ein Fühler ausgestreckt worden war. Isabella hatte ihren Bruder um die
Vermittlung von Friedensgesprächen mit Ferdinand gebeten, wobei ihr an Ge-
159 Ebda, S. 57f (Schreiben v. 21.1.1558). Der Waffenstillstand wurde um 7 Monate verlängert.
160 Martels, S. 209ff u. S. 220; vgl. auch Kapitel 3, S. 248
161 CDI 98, S. 6ff: Instruktion für den Bischof v. Aquila v. 21.5.1558; vgl. Chudoba, Spain, S. 88;
Braudel 3, S. 101
162 So besetzten die Türken am 1. Mai 1558 die Festung Tata (VD 3, S. 31 u. S. 35 Anm. 5; Huber,
Geschichte 4, S. 190), weil sie die Verstärkung der Besatzung einer anderen Festung als Ver-
tragsverletzung betrachteten (Martels, S. 215f).
163 Am 31.7.1558 informierte Maximilian Herzog Albrecht, daß der Kaiser entsprechende Weisun-
gen nach Konstantinopel geschickt hatte (BHStA München, KÄA 4460, fol 225r). Sein Bote traf
dort am 13.8.1558 ein (Martels, S. 220).
164 Martels, S. 221
165 Weisung an Erzherzog Ferdinand v. 6.7.1558 (Böhmische Landtagsverhandlungen 3, S. 18)
166 Seine Kriegsräte veranschlagten die Kosten für die geplanten Baumaßnahmen auf 2 174 212
Gulden (Loserth, Innerösterreich, S. 62).
167 Proposition v. 19.1.1559 für den ungarischen Reichstag (Fraknói 4, S. 210ff)
168 Holtzmann, S. 541: F. an Maximilian, 29.11.1558
169 VD 3, S. 80f: Bericht v. 18.12.1558; Martels, S. 225
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien