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Südostpolitik 641
ein paar Verbesserungen herauszuschlagen. Maximilian, der die Ansicht vertrat,
ein Krieg wäre ehrenvoller, der aber die finanzielle Erschöpfung der habsburgi-
schen Länder auch nicht verkannte, wies eigens darauf hin, die Zahlungen
müßten als Leistungen der ungarischen Krone dargestellt werden, damit die
Reputation des Kaisers keinen Schaden nehme177. Ende April wurden Busbecq
in Konstantinopel vier alternative Entwürfe zugeleitet und in sein Ermessen
gestellt, welcher als geeignete Grundlage für seine Verhandlungen mit der
Pforte dienen mochte178. Diese Vollmacht dokumentiert Ferdinands Willen, zu
einem Abschluß zu kommen.
Die am weitesten reichenden Forderungen nach Rückgabe der zuletzt verlo-
renen Plätze hat Busbecq nicht vorgebracht. Wichtiger war, und darum hat er
zäh gerungen, das Fortbestehen des Friedens auch für den Fall zu sichern, wenn
die Verständigung zwischen Ferdinand und den Zapolya scheitern sollte179.
Doch fehlte eine solche Kautele in dem von der osmanische Seite am 16. Juni
zugestellten neuen Vertragsentwurf, der sonst einige Verbesserungen enthielt.
Grenzstreitigkeiten sollten künftig von einer gemeinsamen Kommission unter-
sucht und beigelegt werden. Die Dauer war auf acht Jahre festgelegt, was den
Habsburgern lieber war als eine Bindung an die Lebenszeit der beiden schon
betagten Herrscher180. Unter Ausnutzung eines Formfehlers – man hatte ihm
keine Abschrift zur Überprüfung zukommen lassen – weigerte sich Busbecq,
den Vertragsentwurf nach Wien zu schicken181. Das Angebot, der Kaiser könne
nach Prüfung noch Einwände erheben182, akzeptierte er nicht, und er erhielt für
seine Haltung von Ferdinand Rückendeckung183. Ferdinand hatte es im Herbst
mit dem Abschluß nicht mehr eilig.
Denn im September 1559 starb seine Widersacherin in Ungarn Isabella. Fer-
dinand scheint das als neue Chance bewertet zu haben, Siebenbürgen doch
zurückzugewinnen. Er hatte im Mai, nachdem die Überlegungen für die dem
Sultan zu erteilende Antwort abgeschlossen waren, das neue polnische Aner-
bieten angenommen, Frieden zwischen ihm und den Zapolya zu vermitteln184.
Jedoch schleppten die Präliminargespräche sich über den Sommer hin, so daß
Maximilian Zweifel äußerte, ob die Fortführung der Verhandlungen sinnvoll
sei; aber der Vater entschied, die mit den Polen vereinbarten Termine wahrzu-
nehmen185. Das Kalkül des Wiener Hofes im Oktober 1559 nach dem Tode
Isabellas dürfte der venezianische Gesandte Soranzo diesmal recht genau erfaßt
haben: Da man den Frieden mit dem Sultan für eine sichere Sache hielt, wobei
man die Aufnahme des flüchtigen Prinzen Bajezid in Persien in ihrer Bedeutung
für die Schlagbereitschaft der Türken wohl überschätzte, galt es, noch vor Ab-
177 Bucholtz 7, S. 352
178 Martels, S. 230f
179Õontar, S. 182
180 Schaendlinger, S. 59ff
181 Martels, S. 242
182 Schaendlinger, S. 65f
183 Martels, S. 249 Anm. 17
184 HHStA Wien, Polonica 9, 1559 Konv. A, fol 39r-40r: F. an den polnischen Kanzler, Augsburg,
7.5.1559
185 HHStA Wien, ebda, fol 73r/v: F. an Maximilian, Augsburg, 18.8.1559 (Konz.)
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien