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Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europäischen
Kräftespiel646
polnischer Regie lehnte Ferdinand von nun an ab222. In einem an Zapolya direkt
übersandten Vertragsentwurf wurde ein Waffenstillstand von einem Jahr bei
Beachtung des derzeitigen, für den Habsburger günstigen Status quo angebo-
ten, wodurch jener auf das eigentliche Siebenbürgen beschränkt wurde223.
Es lohnt sich nicht, die sich hinschleppenden Versuche, ein Abkommen zu
schließen, weiter zu verfolgen; so möge es genügen, die Haltung Ferdinands
genauer zu beleuchten. Die Scharmützel in Siebenbürgen nahmen im Spätsom-
mer 1561 an Härte zu224. Ferdinand beharrte auf seinen Positionen, obwohl
selbst König Maximilian gelegentlich zu mehr Flexibilität riet225. Zugleich ach-
tete der Kaiser darauf, daß die Stellung Zapolyas nicht international aufgewertet
wurde. Als der päpstliche Nuntius Delfino im Juli beiläufig äußerte, kein Fürst
könne behaupten, vom Papst nicht zum Konzil eingeladen zu sein, ausgenom-
men der Fürst von Siebenbürgen, hielt ihm Ferdinand erregt einen halbstündi-
gen Vortrag über die Zugehörigkeit jenes Landes zum ungarischen Königreich
und betonte, Zapolya sei sein Untertan226. Als Arco bald darauf meldete, der
Papst meine aus Gewissensgründen Zapolya einladen zu müssen, nahm der
Kaiser in zwei Weisungen energisch dagegen Stellung227: Einerseits bemühte er
den Brauch, daß aus dem weltlichen Stande nur der Kaiser als das Oberhaupt
der Christenheit und die souveränen Fürsten228 zum Konzil einzuladen seien,
während Siebenbürgen eine Provinz des Königreichs Ungarn sei, und außerdem
habe sich Zapolya nach seiner vertragswidrigen Rückkehr nach Siebenbürgen
unter den Schutz des Sultans gestellt. Andererseits betonte er, für sein Prestige
als rechtmäßiger König von Ungarn sei die Einladung unzumutbar, weil jener
dann für seine Gesandten und in amtlichen Schreiben den Titel eines erwählten
Königs von Ungarn usurpieren und damit neue Konflikte provozieren werde,
was der Papst in Erfüllung seines Hirtenamtes verhindern müsse. Wenn der
König von Polen Zapolya darin unterstütze – das hatte der Papst angedeutet –,
verstoße er gegen seinen mit Ferdinand geschlossenen Vertrag. Es gelang, Pius
IV. von seinem Vorhaben abzubringen229.
Als im Winter 1561/62 einige führende siebenbürgische Magnaten auf seine
Seite traten230, sah der Kaiser noch weniger Veranlassung zum Einlenken, zu-
222 Ebda, fol 119r-121r: Weisung für Sauermann v. 19.5.1561
223 Das ergibt sich aus Sauermanns Bericht v. 9.6.1561, wonach Zapolya diese beiden Punkte nicht
annehmen wollte (ebda, fol 153r-156v).
224 Vgl. den Bericht Delfinos v. 21.8.1561, die kaiserlichen Truppen hätten in Ungarn 20000 Ochsen
weggeführt (NB II 1, S. 298).
225 HHStA Wien, Polonica 11 Konv. F, fol 71r-72r: Maximilian an F., 22.9.1561
226 NB II 1, S. 280ff: Bericht Delfinos v. 22.7.1561
227 Sickel, Konzil, S. 208f: Arcos Bericht v. 16.8.1561; ebda, S. 217ff u. S. 219ff: Weisungen Ferdi-
nands v. 3.9. und 12.9.1561.
228 „Solent enim ... ad concilium generale et oecumenicum vocari ex ordinibus secularibus, praeter
romanorum imperatorem tanquam supremum christianae reipublicae caput, seculares reges et ii
duntaxt christianitatis principes et potentatus quos constat absolutos esse principes et potentatus,
non eos qui aliis regibus sive potentatibus subiecti sunt“ (S. 217). Die hervorgehobenen Worte
wirken wie eine Vorwegnahme von Bodins Definition.
229 Sickel, Konzil, S. 221
230 Forster/Daniell 2, S. 279
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien