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Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europäischen
Kräftespiel650
machen wollte, auf welche Weise man die Aktion durchführen solle256. Der
spanische König hielt es außerdem für richtig, Portugal in das Projekt einzube-
ziehen257, was natürlich noch mehr Zeit beanspruchte. Das Zustandekommen
des Friedens mit der Pforte ließ schon im Sommer das Interesse Ferdinands
erkalten. Stattdessen ließ er dem Neffen nun vorschlagen, seinerseits unter Ein-
schaltung des Kaisers den Frieden mit dem Sultan zu suchen258. Ende des Jahres
1562 ließ auch Philipp II. die Sache fallen259. Im Jahr 1566 hat Kaiser Maximili-
an II. auf Empfehlung seines Botschafters am Bosporus den Gedanken wieder
aufgenommen260. Zunächst aber sondierte Ferdinands neuer Gesandter an der
Pforte Albert de Wys im Herbst 1563 beim Großwesir Ali wegen eines Frie-
dens zwischen Spanien und den Osmanen, wobei er nicht nur die guten Dienste
des Kaisers anbot, sondern dem Großwesir auch eine jährliche Pension von
4000 oder 5000 Dukaten in Aussicht stellte; er stieß auf Interesse. Im April 1564
erhielt de Wys den Auftrag, über das Geleit für einen spanischen Gesandten zu
verhandeln, damit die Friedensgespräche aufgenommen werden könnten261. Ein
allgemeiner Frieden für die Christenheit, Ruhe an ihrer bedrohten Front –
winkte Ferdinand am Ende seines Lebens dieser Lohn für seinen jahrzehntelan-
gen „zähen Abwehrwillen“262?
Sein anderes politisches Ziel auf dem Balkan, Siebenbürgen wieder enger an
die Krone Ungarn zu binden, hatte er nicht erreichen können, obwohl noch vor
dem Eintreffen der türkischen Ratifizierung neue Friedensgespräche zwischen
ihm und Johann Sigismund Zapolya vom polnischen König angeregt und An-
fang 1563 in Wien auch aufgenommen worden waren263. Monatelang bewegten
sich beide Seiten kaum von der Stelle, doch verlängerte Ferdinand den Waffen-
stillstand um ein weiteres Jahr, um den Osmanen keinen Grund zur Interventi-
on zu geben264. Erst im September schien ein Kompromiß gefunden: Danach
sollte Zapolya unter den Schutz Ferdinands treten, beim Erlöschen seiner Fa-
milie im Mannesstamm war der Heimfall Siebenbürgens an die ungarische
Krone vorgesehen, und die schon 1551 in Aussicht genommene Verheiratung
des Woiwoden mit des Kaisers jüngster Tochter Johanna, die inzwischen 16
Jahre alt war, sollte realisiert werden, wenn der Friede geschlossen sei; zu ihrer
Mitgift sollten die umstrittenen Komitate außerhalb Siebenbürgens geschlagen
256 CDI 98, S. 285 (Philipp an F., 28.1.1562); Ferdinand war einverstanden (ebda, S. 311: Bericht
Lunas v. 29.3.1562).
257 HHStA Wien, St-Abt., Spanien Dipl. Korr. 6, fol 133r: Gúzman an F., 1.5.1562
258 Ebda, RHRP 20b: Eintrag zum 15.7.1562
259 Ebda, St-Abt., Spanien Dipl. Korr. 6, fol 250v: Gúzman an F., 24.11.1562
260 Palombini, S. 86f
261 HHStA Wien, St-Abt., Spanien Dipl. Korr. 7 Konv. Korr. Ferdinand mit de Wys, fol 1r-3v:
Auszüge aus Briefen de Wys’ v. 14.11. u. 7.12.1563 sowie Ferdinands v. 11.4.1564
262 Sutter, S. 87*
263 Am 4.9.1562 hatten polnische Gesandte dem Kaiser das neue Angebot ihres Königs vorgetragen,
einen Frieden zu vermitteln (HHStA Wien, Polonica 11 Konv. 1562, fol 200r-201r); Ferdinands
prinzipielle Zustimmung, begleitet von Klagen über Zapolyas Haltung und Betonung des eige-
nen guten Willens, ebda, fol 204r-210r. Sein Geleitbrief v. 29.12.1562 für die Vertreter Zapolyas
ebda, fol 238r-239r.
264 Ebda, fol 49r-50v: Konzept für die Bekanntgabe der Verlängerung, vom 24.3.1563; vgl. VD 3, S.
208 Anm. 5
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien