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Italien 651
werden265. Jedoch verweigerte Johann Sigismund Zapolya auch diesem Entwurf
die Zustimmung. Im April 1564 kamen noch einmal polnische Vermittler nach
Wien, aber die Verhandlungen blieben ohne Ergebnis, weil Ferdinand und Ma-
ximilian es ablehnten, als Vorleistung die alte Eheabrede zu realisieren266. Das
unbereinigte Verhältnis ist dann nach Ferdinands Tod eine Ursache für den
neuen Krieg seines Nachfolgers Maximilian mit Sultan Süleyman gewesen.
Italien
Für eine ausgreifende Italienpolitik fehlten Ferdinand in seinen Kaiserjahren
nahezu sämtliche Voraussetzungen. Er hatte, wie Seld sich ausdrückte, „gar
schlechten fuß leider diser zeitt in Italia“267. Insbesondere ermangelte er dort
eines eigenen Territoriums als Basis und mußte sich auf die Wahrung der
Reichsrechte beschränken, die in erster Linie aus der Lehnshoheit des Kaisers
über das Herzogtum Mailand sowie einige kleinere Fürstentümer in Nord- und
Mittelitalien – Ferrara, Mantua, Montferrat – und zahlreiche kleine Herrschaf-
ten herrührten268. Man war sich also am Kaiserhof der geringen politischen
Möglichkeiten, die man auf diesem Felde hatte, durchaus bewußt. Andererseits
war Seld der Meinung, das Ansehen des Kaisers in Italien steige, weil er sich der
kleinen Lehnsträger gegen die Begehrlichkeiten der mächtigen Potentaten an-
nehme269. Jedoch fand Ferdinands Italienpolitik ausgerechnet in demjenigen
einen Gegenspieler, mit dem enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit eigent-
lich geboten war; teils offen, teils verdeckt hatte er um den bestimmenden Ein-
fluß mit seinem Neffen Philipp II. von Spanien zu ringen, der in Italien eine
dominierende Stellung einnahm, weil er als König von Spanien Herr von Nea-
pel, Sizilien und Sardinien war und außerdem die Reichslehen Mailand und
Siena innehatte270.
Es waren Entscheidungen Karls V., durch die Ferdinands Spielraum für po-
litisches Gestalten in Italien auf ein Minimum reduziert worden war. Lange Zeit
hat er eigener politischer Präsenz in Italien eine hohe Bedeutung beigemessen,
konkret strebte er nach dem Besitz von Mailand, das nicht nur wegen seiner
strategischen Bedeutung für die Vorherrschaft in Italien für die Habsburger
wichtig war, sondern auch wegen seiner wirtschaftlichen Potenz271. Während
des ersten Krieges zwischen Karl V. und Franz I. um das für die Vorherrschaft
über Italien so wichtige Gebiet trug Ferdinand durch rechtzeitige Detachierung
eines Kontingents deutscher Söldner über die Alpen nicht unwesentlich zu dem
265 HHStA Wien, RHRP 20b: Eintragung zum 19.9.1563; VD 3, S. 240 Anm. 5; Huber, Geschichte
4, S. 194f
266 NB II 4, S. 92f
267 BHStA München, KÄA 4307, fol 323r-324r: Seld an Herzog Albrecht, 5.3.1562
268 Pugliese, S. 33f
269 wie Anm. 267
270 Pugliese, S. 63f
271 Vgl. dazu das bei Chabod, S. 90, wiedergegebene Urteil Granvellas vom November 1535. Ebda,
S. 91ff eingehende Ausführungen über die wirtschafliche Entwickung Mailands in den nächsten
zwanzig Jahren.
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien