Page - 653 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Image of the Page - 653 -
Text of the Page - 653 -
Italien 653
stehenden – Söhne und regte als weitere Möglichkeit an, seinen Konkurrenten
in Ungarn Zapolya mit Mailand zu belehnen und durch Vermählung mit einer
Nichte des Kaisers an die Habsburger zu binden. Erfolg hatte er auch diesmal
nicht282, seine Vorschläge paßten nicht zu der am Kaiserhof bereits erwogenen
und in den nächsten Jahren dominierenden Idee, Mailand zur Ausstattung einer
friedensstiftenden Eheverbindung zwischen den Häusern Habsburg und Valois
einzusetzen283.
Einige Varianten dieses Grundgedankens hätten zur Etablierung einer öster-
reichische Sekundogenitur in Mailand führen können, wobei das eine Mal ein
Sohn als Ehepartner einer Kaisertochter, das andere Mal eine Tochter als Ge-
mahlin eines französischen Prinzen in Aussicht genommen wurde. Im Frieden
von Crépy war die letztere Paarung ein Bestandteil der Frankreich angebotenen
Alternative, auf die sich Karl V. dann einige Monate später festlegte284, die aber
nicht verwirklicht werden konnte, weil der Prinz plötzlich verstarb. Ferdinands
eigenem Begehren auf Mailand wurde schon durch die Belehnung des Kaiser-
sohnes Philipp, die Karl V. am 11. Oktober 1540 verfügte, das Ende gesetzt285,
obwohl noch sechs Jahre vergingen, bis dieser Entscheidung die Endgültigkeit
verliehen wurde286. Als Kaiser hatte Ferdinand keine Handhabe und keine Ver-
anlassung, die Verfügung seines Bruders zu revidieren. Die Belehnung Philipps
mit Mailand wurde Ende Februar 1559 anstandslos erneuert287. Das besondere
Privileg aber, das Karl V. seinem Sohn 1549 verliehen hatte, das Herzogtum
gegebenenfalls auch der ältesten Tochter vererben zu dürfen, hat Ferdinand erst
am 5. Januar 1564 bestätigt288.
Dagegen entzog sich Ferdinand nach Übernahme der Kaiserwürde der An-
erkennung einer seine geringen Möglichkeiten in Italien weiter mindernden
Regelung, die ihm Karl V. in den „Familienverträgen“ von 1551 abgenötigt
hatte. Karl hatte durchgesetzt, seinen Sohn gleichsam als Entschädigung dafür,
daß Ferdinand bei der Sukzession im Kaisertum der Vortritt belassen wurde,
mit den Befugnissen eines Reichsvikars in Italien auszustatten289. Ferdinand
mußte sich verpflichten, für die Zeiten der eigenen Abwesenheit von Italien –
also, wie vorauszusehen war, nahezu ständig – Philipp mit „gouvernement et
administration“ die Ausübung aller Reichsrechte dort zu übertragen, wobei nur
die Verfügungsgewalt über einige namentlich genannte große Reichslehen aus-
genommen und der Rückgriff auf die finanziellen Ressourcen an die Zustim-
mung des Kaisers gebunden wurde; gleich nach seiner eigenen Übernahme der
Regierung des Reichs sollte er dem Neffen darüber eine Urkunde ausstellen,
282 Angesichts der auch anderen Anliegen Ferdinands nicht günstigen politischen Stimmung am
Kaiserhof ließ Cles diesen Teil seines Auftrages zugunsten anderer zurücktreten (Rill/Thomas,
S. 23f; Cornaro, S. XXVIIf).
283 Dazu Rassow, Kaiseridee, S. 185ff; Cardauns, Nizza, S. 12ff
284 Brandi, Karl V. 1, S. 434 u. 438
285 Brandi, Karl V. Bd. 1, S.366; ebda Bd. 2, S. 299 der archivalische Nachweis der Bestätigung
durch Ferdinand.
286 Chabod, S. 42
287 VD 3, S. 89 Anm. 1
288 Turba, Beiträge 2, S. 23
289 Zur Bedeutung dieses Amtes vgl. Rill, Reichsvikar, S. 173f
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
back to the
book Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V."
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien