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Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europäischen
Kräftespiel662
des Papsttums und des Reiches in Italien zur Folge haben werde355. Sehr unwil-
lig reagierte Ferdinand darauf, daß Delfino, der dem Herzog von Florenz gefäl-
lig sein wollte, ihm die Zustimmung abzudringen suchte, wobei der Nuntius
wohl ohne Auftrag des Papstes agierte356. Die Verärgerung des Kaisers wurde in
einem Gespräch mit Luna deutlich, als er die Anregung Delfinos, den Ehrgeiz
Cosimos durch Verheiratung einer Kaisertochter nach Florenz zu befriedigen,
kommentierte, er wolle weder durch die Heirat einer Tochter noch auf andere
Weise seine Autorität beschädigen357.
Es gelang, Pius IV. von dem Plan abzubringen: Arco konnte bald melden,
der Papst habe sich von Delfino distanziert, allerdings Überlegungen einge-
räumt, sofern jene Ehe geschlossen würde, den Florentiner durch einen Titel zu
ehren, doch wolle er keineswegs die Autorität des Reiches schmälern. Ein paar
Tage später berichtete Arco von einem Ehrenwort Pius’ IV., darin nichts ohne
Zustimmung des Kaisers tun zu wollen358. Ob die Anfang 1561 in Wien durch
den Legaten Commendone vorgetragene Anregung, eine Enkelin des Kaisers
mit dem Erbprinzen von Florenz zu vermählen, dazu helfen sollte, Ferdinand
doch noch für jene Rangerhöhung zu gewinnen, sei dahingestellt359. Philipp II.
befürwortete zwar eine eheliche Verbindung zwischen den Familien Habsburg
und Medici360, aber es ist wenig wahrscheinlich, daß er zur Unterstützung der
Königspläne Cosimos bereit war361. Als Pius IV. Anfang 1563 einen Besuch in
Florenz plante, argwöhnte Arco dahinter neue Machenschaften in dieser Rich-
tung362. Indessen erlangte Cosimo erst fünf Jahre nach dem Tode Ferdinands I.
von Papst Pius V. die Erhebung zum Großherzog363.
Ferdinands Italienpolitik ist in seinen Kaiserjahren defensiv geblieben.
Beziehungen zu Frankreich
In der Politik Ferdinands gegenüber Frankreich während seiner Kaiserjahre
sind zwei Phasen zu unterscheiden. Solange der kriegerische Konflikt zwischen
Heinrich II. und Philipp II. andauerte, den der spanische König von Karl V.
überkommen hatte, war die Loyalität zu den Verwandten Maxime für Ferdi-
nands Haltung gegenüber Frankreich. Der Friede von Cateau-Cambrésis und
der Unfalltod des französischen Königs nur drei Monate später schufen eine
neue Situation. Belastet blieben die Beziehungen durch die fortdauernde fran-
zösische Okkupation der lothringischen Bistümer und Städte Metz, Toul und
355 Sickel, Konzil, S. 104ff: Weisung v. 16.10.1560. Ferdinand versagte sich die ironische Bemerkung
nicht, wenn die folgenden Päpste ihre Verwandten ebenso zu Königen machen wollten, werde es
in Italien in wenigen Jahren so viele Könige geben wie zur Zeit Fürsten (S. 106).
356 Vgl. Rill, Arco, S. 15ff
357 CDI 98, S. 179: Luna an Philipp II., 8.10.1560
358 Sickel, Konzil, S. 121 u. S. 133 (Berichte Arcos v. 26.10. u. 9.11.1560)
359 Das vermutete der englische Vertreter in Venedig (Stevensom 3, S. 487: Bericht v. 4.1.1561).
360 Vgl. unten S. 709
361 So ein Agentenbericht für Elisabeth I. (Stevenson 3, S. 453)
362 Sickel, Konzil, S. 426
363 Rill, Arco, S. 69 f mit weiterer Literatur
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien