Page - 710 - in Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
Image of the Page - 710 -
Text of the Page - 710 -
Kapitel 10: Kaiser Ferdinand I. im europäischen
Kräftespiel710
handlungen über den Ehevertrag führenden Maximilian auf taube Ohren711.
Einerseits infolge der Erkrankung Ferdinands, andererseits wegen der sich hin-
ziehenden Verhandlungen mit Zapolya, wovon in erster Linie der Bewerber aus
Florenz betroffen war, mußten die italienischen Kandidaten noch längere Ver-
zögerungen hinnehmen; denn solange sich die polnischen und ungarischen
Vermittler noch für Zapolya bemühten, konnte Johanna nicht anderweitig zu-
gesagt werden712. Erst mehrere Monate nach Ferdinands Tod konnten die bei-
den Erzherzoginnen als Bräute nach Italien reisen. –
Die weiteste Dimension von allen Heiratsprojekten Ferdinands hatten seine
Bemühungen, die Casa d’Austria durch seinen jüngsten Sohn Karl als Prinzge-
mahl erneut auf der britischen Insel Fuß fassen zu lassen, womit er an die letzte
große politische Kombination Karls V. – in Gestalt der Ehe zwischen Philipp
und Maria Tudor – anknüpfte. Ferdinand hatte schon Jahrzehnte früher er-
kannt, welche Vorteile eine enge verwandtschaftliche Verbindung mit einer der
beiden Herrscherfamilien Britanniens dem Hause Habsburg bieten mochte, als
er der verwitweten Schwester Maria von Ungarn den Vorschlag machte, eine
neue Ehe mit König Jakob V. von Schottland einzugehen, weil „nit wenig nutz
und frumen daraus volgen und kumen“ werde713. Von den drei wichtigen
Gründen, die er dafür anführte – (1) die günstige Lage sowohl im Blick auf die
Niederlande wie auf Spanien, (2) durch die Heirat könne ein Bündnis zwischen
Schottland und Habsburgs Gegner Frankreich verhindert werden, (3) die enge
Verwandtschaft zwischen Tudors und Stuarts, wodurch es im Bereich des
Möglichen liege, daß der schottische König den englischen, der [damals] nur
eine Tochter hatte, beerben würde –, waren die beiden letzteren mutatis mutan-
dis auch nach der Thronbesteigung Elisabeths von Belang, während der erste in
der Umgebung Philipps II. in Brüssel sogar gegen eine englische Heirat eines
Erzherzogs ins Feld geführt wurde714. Schon 1553, als Maria Tudor zur Regie-
rung gekommen war, unternahm es Ferdinand, der englischen Königin seinen
zweiten Sohn Ferdinand als Ehepartner zu präsentieren, was zu einer schweren
Verstimmung bei Karl V. führte, der dem Bruder mangelnde Rücksichtnahme
auf seine höherrangigen Interessen vorwarf; die Kritik Karls war ungerecht,
weil er die eigene Absicht, Philipp mit Maria zu vermählen, Ferdinand nicht
mitgeteilt hatte715. Als einige Jahre später immer deutlicher wurde, daß jene Ehe
kinderlos bleiben würde, wurde im Rahmen von Überlegungen, die Thronfol-
gerin Elisabeth rechtzeitig so zu vermählen, daß die neue politische Verbindung
erhalten bliebe, wiederum Erzherzog Ferdinand zur Diskussion gestellt716: Der
ständige Vertreter des Römischen Königs bei Karl V., Gamiz, hielt das im Ver-
711 HHStA Wien, RK RelA 12, Konv. Nov. fol 118r-119v: F. an Maximilian, 27.11.1563 (Konz.);
NB II 4, S. 24 Anm. 4
712 NB II 4, S. 131
713 KF 2, S. 251–254: Instruktion für J. von Lamberg, 29.6.1528
714 Vgl. den Bericht Helfensteins v. 21.1.1559 bei Goetz, Beiträge, S. 142ff; Diemer, S. 7
715 Zu den Einzelheiten Lutz, Christianitas, S. 206ff
716 Frühere Gerüchte nennt Brosch, S. 122f
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
back to the
book Ferdinand I. als Kaiser - Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V."
Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien