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Zur Heiratspolitik Ferdinands 719
unserer getrewen underthanen noch mer zu erhöchen und bevesstigen“. Breu-
ner wurde mitgeteilt, sobald Helfenstein über die Heiratsartikel Einvernehmen
erzielt habe, werde Erzherzog Karl nach England aufbrechen, die Vorbereitun-
gen würden bereits getroffen771.
Diese Schreiben markieren den Höhepunkt der Hoffnungen Ferdinands.
Schon der nächste Bericht aus England leitete den Abschwung ein. Dort war
der Versuch fehlgeschlagen, der Königin eine eindeutige Antwort zu entlocken,
den Quadra unternommen hatte, nachdem ihm von zuverlässigen Informanten
gesagt worden war, „das die kunigin nicht willens sey, disse heyrat mit der fl.
Dl. zu beschliesen“, sondern taktiere, um schließlich Lord Robert Dudley zu
heiraten772. Die Meldungen bestärkten Ferdinand darin, seinen Sohn vorerst
nicht reisen zu lassen773. Während er selbst anscheinend noch zögerte, an takti-
sche Spielereien Elisabeths zu glauben – er wollte erst Helfensteins Bericht
haben –, wurden bei Seld die Zweifel immer größer; er meinte schon jetzt, an-
scheinend habe von Anfang an „nichts dan ain pur lauttere grundsbüberei dar-
hinder gestekt“774. Obwohl die nächsten Meldungen wieder positiver klangen,
kommentierte der Vizekanzler angesichts der internationalen Entwicklung,
wahrscheinlich betrüge die Königin alle, um sich selbst groß zu machen; sie
werde nur „in summa suarum rerum desperatione“ den Erzherzog heiraten,
dem ein ungewisses und gefährliches Schicksal drohe, und der Kaiser werde
ständig Hilfe leisten müssen775. Das ständige Auf und Ab ließ auch Ferdinands
Zuversicht weiter sinken, andererseits jedoch ließen Meldungen über französi-
sche Rüstungen für eine Intervention in Schottland es geraten erscheinen, die
Sache noch nicht abzubrechen776.
Helfensteins entscheidende Audienz fand erst nach Weihnachten statt und
schuf eigentlich klare Verhältnisse: Elisabeth betonte wiederum ihre Vorliebe
für die Ehelosigkeit und lehnte es ab, vor einer Begegnung mit Karl über Hei-
ratsartikel zu verhandeln777. Für Seld war das Projekt damit gescheitert, nun sei
zu überlegen, „wie wir mit wenigster verclainerung unser reputation aus der
sach kommen, wiewol der graf noch gutte vertröstung gibt. aber ich kan doch
nit merken, warauf dieselb fundiert sei“778. Tatsächlich hatte Helfenstein trotz
jener Erklärungen Elisabeths, wohl beeindruckt durch ihr ambivalentes Be-
nehmen, die Ansicht Breuners und Quadras übernommen, durch persönliche
Vorstellung könne Erzherzog Karl das Projekt retten779. Er schickte Breuner
nach Wien, um den Kaiser davon zu überzeugen780, und schrieb auch an Maxi-
771 HHStA Wien, HA FA 21 III, fol 105r-107r: F. an Breuner, 15.11.1559; Diemer, S. 65
772 HHStA Wien, England, Dipl. Korr. 17, fol 19r-21v: Breuner an F., 12.11.1559
773 HHStA Wien, Spanien, Dipl. Korr. 5, fol 142r/v: F. an Quadra, 6.12.1559, Konz.; die entspre-
chende Weisung an Breuner referiert Diemer, S. 68.
774 F. an Herzog Albrecht, 4.12.1559 (BHStA München, KÄA 4460 fol 302r/v [eigh.], fol 304 [Ko-
pie]); Seld an den Herzog, 4.12.1559 (Goetz, Beiträge, S. 168)
775 Goetz, Beiträge, S. 170f: Seld an den Herzog, 6.1.1560
776 Vgl. Lunas Bericht an Philipp v. 12.1.1560 (CDI 98, S. 109ff)
777 Diemer, S. 82
778 Seld an Herzog Albrecht, 18.1.1560 (Goetz, Beiträge, S. 170 Anm. 3)
779 Wertheimer, S. 423
780 Diemer, S. 83
CC BY-NC-ND 4.0 | DOI https://doi.org/10.17438/978-3-402-21806-8
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Ferdinand I. als Kaiser
Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Title
- Ferdinand I. als Kaiser
- Subtitle
- Politik und Herrscherauffassung des Nachfolgers Karls V.
- Author
- Ernst Laubach
- Publisher
- Aschendorff Verlag
- Location
- Münster
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-402-18044-0
- Size
- 15.5 x 23.0 cm
- Pages
- 786
- Keywords
- Ferdinand I., Karl V., 16. Jahrhundert, Kaisertum, Reformation, Geschichte, Konfession
- Category
- Biographien