Page - 44 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
Image of the Page - 44 -
Text of the Page - 44 -
DREI KAISER – DREI
BIBLIOTHEKEN44
Vom konkreten Zustandekommen einer der zahlreichen Teilsammlungen
der ferdinandeischen Privatbibliothek unterrichtet uns der böhmische Ver-
waltungsbeamte, Schriftsteller und Philanthrop Paul Alois Klar in einem
kurzen, 1853 erschienenen Beitrag über die Ferdinandea im von ihm her-
ausgegebenen Almanach „Libussa“. Demnach sollen sowohl 1825 als auch
1826 Weisungen an alle k. k. Landesstellen ergangen sein, Abgüsse mög-
lichst aller Familien-, Städte- und Gemeindewappen an das Geheime Kabi-
nett in Wien einzusenden. Ob Ferdinand, für den die Repliken gedacht wa-
ren, der Initiator dieser bemerkenswerten Akquisitionsmethode war, wird
verschwiegen. Die schließlich fünf bis sechstausend Objekte umfassende
Sammlung soll in zehn Kästen zu je 30 Schubladen aufbewahrt worden sein.
Klar nennt sie bezeichnenderweise „eine wahre Fundgrube der Heraldik“.56
Die Sammlung wurde 1850 zusammen mit der Privatbibliothek Ferdinands
nach Prag übersiedelt und kehrte 1875 mit ebendieser wieder nach Wien
zurück. Wie später noch auszuführen sein wird, wurde sie 1886 von Biblio-
thekar Moritz von Becker schließlich an die kunsthistorischen Sammlungen
des Kaiserhauses (heute Kunsthistorisches Museum) weitergegeben, wo sie
sich heute noch im Münzkabinett befindet.57
Die Möglichkeit, sich über das Netz österreichischer Beamter – vor allem
über k. k. Gesandtschaften im Ausland – begehrte Sammelobjekte besorgen
zu lassen, nutzte sein Vater Franz I. schon wenig später 1828. Mittels Zirku-
larschreiben versuchte er an Porträts ausländischer Herrscherfamilien zu
gelangen, die seiner Sammlung noch fehlten und vermutlich nur vor Ort im
Kunsthandel zu bekommen waren.58
2.3 Die ererbte Bibliothek Kaiserin Maria Ludovikas
Die Büchersammlung der dritten Gattin Franz’ I., Kaiserin Maria Ludo-
vikas (14.12.1787–07.04.1816), stellt einen bedeutsamen Teilbestand der
Privatbibliothek Ferdinands dar. Die gehaltvollsten Ausführungen zur Be-
ziehung des Kronprinzen zu seiner Stiefmutter liefert Gerd Holler in seiner
Ferdinand-Biografie, die trotz populärwissenschaftlicher Tendenz intensi-
ves Quellenstudium erkennen lässt. Der vierzehnjährige Halbwaise erhielt
durch die dritte Verehelichung seines Vaters eine Stiefmutter, die sich des
nisch-deutsches und deutsch-lateinisches Handlexicon; vornehmlich für Schulen (Wien
1807).
56 Klar, Bibliothek, 367.
57 Vgl. Abschnitt Kap. 5.8.
58 Vgl. Anm. 720.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken