Page - 69 - in Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918 - Metamorphosen einer Sammlung
Image of the Page - 69 -
Text of the Page - 69 -
DIE PRIVATBIBLIOTHEKEN FRANZ’ I. UND FERDINANDS I. 1835–1848 69
hier natürlich auf die Privatbibliothek Franz’ und nicht auf jene im Vergleich
dazu unbedeutenden Bestände Ferdinands. Auch die jährlichen Rechnungs-
journale werden vom Bibliotheksvorsteher etwa mit „Journal ueber die im
Jahre … für die Privat Bibliothek Seiner Majestät des Kaisers empfangenen
und verausgabten Gelder“ betitelt, obwohl die Dotation für beiderseitige Auf-
wendungen verwendet wird. Diese begrifflichen Ungenauigkeiten stammen
wohl daher, dass Khloyber die franziszeische und ferdinandeische Privat-
bibliothek nicht als zwei gesonderte, sondern als zu einer Entität zusammen-
zuführende Sammlungen betrachtete – zumal sie ja auch im Besitz der glei-
chen Person standen. Nicht nur das Bibliothekspersonal wird für Arbeiten in
beiden Sammlungen eingesetzt, auch von Seiten Ferdinands wird eine Ver-
einigung zunächst forciert. Aus diesem Grund stört es Khloyber auch nicht
wirklich, dass Ferdinand den weiteren Ankauf rezenter Bucherscheinungen
und Kunsterzeugnisse für die franziszeische Sammlung verbietet, wiewohl er
sich als Vorsteher dieser Sammlung rein formell dagegen ausspricht, indem
er meint: „Sollte daher die Allerhöchste [franziszeische] Privatbibliothek auf-
hören, das was die Gegenwart Interessantes und Kostbares hervorbringt fer-
nerhin zu sammeln, so würde sie dadurch nach und nach ihren europäischen
Schwestern nachstehen müssen, und dann jener Cisterne gleichen, die aus
Mangel an Zufluß mit jedem Tage an ihrem inneren Werthe verliert.“147 Er ist
gewiss davon überzeugt, dass durch den zu erwartenden Zusammenschluss
beider Sammlungen die in der Zwischenzeit in die Ferdinandea aufgenom-
menen Zuwächse somit Teil der formal noch zu begründenden Fideikommiss-
bibliothek würden, deren zwischenzeitliche Defizite damit einigermaßen
kompensiert wären. Dem Beispiel Khloybers folgend, wird auch der Autor
dieses Beitrags die Privatbibliothek Franz’ I. erst nach dem Zeitpunkt der
Ausstellung der Urkunde als „Fideikommissbibliothek“ bezeichnen.
3.2 Erster Abgleich der beiden Privatbibliotheken – Aussonderung von
Dubletten 1836/37
Spätestens mit der Inbesitznahme der franziszeischen Privatbibliothek
durch Ferdinand I. reifte der Entschluss, die Bestände beider Bibliothe-
ken physisch zu vereinen. Zum einen aufgrund der bereits skizzierten Un-
terbringung der ferdinandeischen Bestände in versprengt in der Hofburg
aufgestellten Bücherkästen und der damit einhergehenden schlechten Zu-
gänglichkeit respektive Nutzbarkeit der Bücher (vor allem im Hinblick auf
ihre Bearbeitung durch das Bibliothekspersonal). Zum anderen galt es aus
147 Ebenda, fol. 5r.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken