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DIE PRIVATBIBLIOTHEK FERDINANDS IN PRAG 1850–1875 143
zurück und gingen nach deren Ableben 1847 in den Privatbesitz ihres Bru-
ders Kaiser Ferdinand I. über.492
Da die Standortfrage für die Privatbibliothek entschieden ist, kann man
zumindest hier einen weiteren Schritt setzen. Das Obersthofmeisteramt in
Wien ist sichtlich gewillt, in der Hofburg schnellstmöglich Platz freizuräu-
men, und meldet nach Prag, dass die Bibliothek und allfällige andere Samm-
lungen „jeden Augenblick an denjeningen zur Absendung nach Prag erfolgt
werden, welchen Eure Excellenz mir zu bezeichnen belieben“. Der Biblio-
theksvorsteher oder eine andere kundliche Person wären jedoch in jedem
Fall in die Übersiedelung einzubeziehen, „da weder dem Obersthofmeister-
amt noch der Bauinspekzion [sic] bekannt ist, in welchen der verschiedenen
Kästen die abzuschliessenden Objekte aufbewahrt sind“.493
Nach wie vor war die Höhe der Ferdinand aus Staatsgeldern zu gewäh-
renden Dotation (Zivilliste) nicht festgelegt, von der auch die Größe des vom
Wiener Hof abzuspaltenden Hofstaats für den abgedankten Kaiser abhing.
War zunächst die Forderung nach einer Million Gulden jährlich im Raum
gestanden, die man dem Reichstag von Kremsier zur Genehmigung vorlegen
wollte, hatte man den Betrag schon im April 1849 auf 500.000–600.000 Gul-
den reduziert.494 Um die zögerlichen Verhandlungen, die nicht zuletzt von
Kaiserin Maria Anna mit beachtlicher Vehemenz vorangetrieben werden, zu
einem Ende zu bringen, wendet sich Obersthofmeister Graf Brandis in ei-
nem ausführlichen Schreiben vom 28. Mai 1850 an Finanzminister Philipp
Freiherr von Krauß, in dem auf die komplexe Thematik aus der Sicht Ferdi-
nands eingegangen wird.
„Hochwohlgeborner Freiherr!
Ihre Majestät die Kaiserin hat mir aufgetragen, mich in diesem vertraulichen
Schreiben an Eure Excellenz zu wenden und Sie um Ihre gefällige Verwen-
dung zu bitten, daß Seine Majestät der Kaiser Ferdinand endlich in eine sei-
ner Würde angemessenen Stellung verzahlt [sic] werde. Als Minister Seiner
Majestät im Momente Seiner Thronentsagung wird es Eurer Excellenz in Er-
innerung seyn, daß Allerhöchstderselbe von der Regierung zurücktrat, ohne
sich, aus zarten Rücksichten auf die damaligen Zeitverhältnisse, weder eine
Civilliste, noch eine Residenz, noch ein Lustschloß noch auch nur die nöthigs-
492 Vgl. Holler, Ferdinand, 264f. bzw. Anm. 479.
493 Wien, ÖStA, HHStA, OMeA, Kt. 594, Rubr. 130/1, Konzept vom 07.05.1850.
494 Kramp, Brandis, 375–382. Kramp schöpft seine Erkenntnisse leider zur Gänze aus Schrift-
stücken des Archivs der Familie Brandis, ohne weitere Archivalien, etwa des Wiener
Haus-, Hof- und Staatsarchivs, zu berücksichtigen.
Publikation im Sinne der CC-Lizenz BY 4.0
Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
Metamorphosen einer Sammlung
- Title
- Die Familien-Fideikommissbibliothek des Hauses Habsburg-Lothringen 1835–1918
- Subtitle
- Metamorphosen einer Sammlung
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21308-6
- Size
- 17.4 x 24.5 cm
- Pages
- 1073
- Categories
- Geschichte Chroniken